Erfahrungsbericht

"Es ist wichtig zu erfahren, was die Wünsche der Teilnehmenden sind"

Porträtfoto Manuela Schäfer

Manuela Schäfer ist als freiberufliche Dozentin und Jobcoach tätig. Sie leitet betriebliche Weiterbildungen im Bereich arbeitsplatzorientierter Grundbildung und gibt Motivations- und Kommunikationstrainings. In ihrem Tätigkeitsfeld trifft sie dabei auf ein heterogenes Klientel und wird in ihren Seminaren immer wieder mit neuen Konflikten und Störungssituationen konfrontiert. Im Interview mit wb-web berichtet sie über spezifische Fälle, und wie sie mit Konfliktsituationen umgeht. Dabei verrät sie uns, welche Methoden sich als besonders hilfreich erwiesen haben.

wb-web: Frau Schäfer, können Sie uns zunächst etwas Allgemeines über Ihre berufliche Tätigkeit berichten?

Manuela Schäfer: Ich bin überwiegend als Dozentin tätig und arbeite mit jungen Erwachsenen, mit Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie in der Erwachsenenbildung mit Älteren, also dem 50plus-Segment. Dabei bin ich im Auftrag unterschiedlicher Bildungszentren zum Beispiel als Jobcoach unterwegs und bereite meine Seminarteilnehmenden auf Vorstellungsgespräche vor, mache mit ihnen Motivations-, Kommunikations- oder Verhaltenstrainings, bei denen sie etwas über das Verhalten am Arbeitsplatz lernen. Nebenher bin ich auch noch als AoG-Netzwerklerin tätig und habe da auch schon meinen ersten Auftrag.

wb-web: Welche Gruppe gehört dabei zu Ihrer Klientel?

Manuela Schäfer: Im Bereich der Erwachsenenbildung ist das sehr unterschiedlich. Häufig handelt es sich bei meinen Seminaren um Maßnahmen, die extern gesteuert sind, weshalb die Teilnahme an diesen Seminaren nicht unbedingt freiwillig und gleichbleibend ist. Die Teilnehmenden sind häufig nicht besonders motiviert oder ziehen sich zum Teil aus dem Unterricht raus.

wb-web: Sie haben soeben schon die geringe Motivation angesprochen. Welchen Konflikten und Störungen begegnen Sie im Rahmen Ihrer Arbeit als Dozentin noch und wie äußern sich diese?

Manuela Schäfer: Da haben wir auf jeden Fall mangelnde Konzentration und Unzuverlässigkeit, was ein großes Problem ist. Einen hohen Lärmpegel hat man in der Regel nicht, das relativiert sich. Allerdings erlebe ich oft auch aggressives und provokantes Verhalten. Konfliktsituationen entstehen aber auch in der Arbeit mit Teilnehmenden mit Migrationshintergrund, einfach aus dem Grund, weil sie sich auf die deutsche Sprache nicht gut einstellen können und zusätzlich untereinander leicht in ihre Muttersprache verfallen. Das ist auch oft ein Problem für die restliche Gruppe und liefert immer so ein bisschen Sprengstoff.

wb-web: Wie gehen Sie als Dozentin mit solchen Konfliktsituationen um?

Manuela Schäfer: Also wenn ich z.B. merke, dass es Probleme auf interkultureller Ebene gibt, regele ich das ganz häufig mit Teamarbeiten und mische die Gruppen neu. Ich mache das dann richtig „multikulti", sodass erst gar nicht eine Dynamik entstehen kann. Was ich ansonsten noch ganz wichtig finde und was ein wesentlicher Bestandteil meiner Seminare ist, ist die Methode „Walken und Talken“. Hier haben die Teilnehmer die Möglichkeit außerhalb der Seminarräume ins Gespräch zu kommen und sich auf einer anderen Ebene zu begegnen. Außerdem sind die Menschen es oft nicht gewohnt acht Stunden im Seminar zu sitzen, weil es für sie unglaublich lang und anstrengend ist. Beim „Walken und Talken“ können sie mal aus dem Seminarraum raus an die frische Luft, sich bewegen und den Kopf frei kriegen. Das steuert Konflikten entgegen. Wenn es dann mal zu Konflikten kommt und man schnell eine Konfliktlösung braucht, mache ich das gerne erst mal mit Brainstorming. Daran schließe ich gerne die Fishbowl-Methode an, in der man Streitgespräche analysiert. Man lernt hierbei, wie man Probleme thematisiert, und ich denke es ist ganz wichtig, dass man einander zuhört und auch andere Meinungen zulässt. Konflikte müssen wirklich angesprochen werden.

wb-web: Machen Sie das dann im Plenum oder in Einzelgesprächen? Welche Methode hat sich dabei bewährt?

Manuela Schäfer: Es kommt immer auf die Situation an. Manche Konflikte lassen sich gut im Plenum klären und oft machen die Teilnehmenden das automatisch unter sich aus. Es gibt aber durchaus Situationen, wie beispielsweise Sticheleien oder notorische Unpünktlichkeit, die dann auch die ganze Gruppe stören. Sowas kläre ich dann in Einzelgesprächen. Zusätzlich mache ich jeden Tag am Ende des Seminars eine Feedback-Runde und da klären wir Fragen wie: „Wie geht es Ihnen heute? Was war gut? Was nehmen Sie für sich mit? Was war nicht so gut?“. Da kann man natürlich auch nochmal spezifischer nach dem Streitgespräch fragen: „Hat sich das jetzt erledigt? Sind Sie sich einig geworden?“ Das hat sich als besonders wertvoll erwiesen. Ich schiebe Konfliktgesprächen auch eigentlich immer ein Kommunikationstraining voraus. Da lernen die Teilnehmenden zunächst, was Kommunikation ist und worauf man achten muss. Was auch noch ganz wichtig ist, gerade wenn man interkulturell arbeitet, möglichst schon zu Beginn ein Verständnis für andere Nationalitäten zu wecken. Ich lasse dabei zu Beginn jede Gruppe mal ihr Land präsentieren und etwas über die Eigenheiten, Sportarten, kulturellen Hintergründe, Feiertage usw. erzählen. Da einige der Teilnehmenden mit der deutschen Sprache Schwierigkeiten haben, lasse ich sie die Präsentation gerne mit Plakaten machen. Dann können sie Bilder ausschneiden und malen, sodass nicht immer alles per Schriftsprache erfolgen muss. Das sind auch Dinge, die unglaublich wertvoll sind.

wb-web: Das klingt sehr danach, als ob es bei den Teilnehmenden Zuspruch finden würde und Sie sich individuell an den Lernbedürfnissen orientieren?

Manuela Schäfer: Unbedingt! Man kann sicherlich ein Basissortiment haben, aber da muss man ganz flexibel sein und schauen: „Wo liegen die Störungen? Was gibt´s für Probleme?“ Manchmal hat man auch Teilnehmende mit privaten Problemen und die zum Beispiel amtliche Briefe nicht verstehen und sie in das Seminar mitnehmen. Sie sind dann so unkonzentriert und können sich nicht auf irgendetwas anderes einlassen, weshalb man solche Dinge zunächst klären muss, damit die Teilnehmenden den Kopf wieder frei haben. Da ist es ganz wichtig, dass man gut zuhört und erfährt, was die Wünsche und Erwartungen sind. Oft haben sie unglaublich große Befürchtungen, was auf sie zu kommt. In solchen Situationen starte ich immer mit: „Was wünschen Sie sich? Was sind Ihre Erwartungen? Was sind Ihre Befürchtungen?" Diese Erwartungen bringe ich auf großen Plakaten zu Papier, greife die zwischendurch immer wieder auf und frage dann: „Wie sieht es denn aus? Bestätigen sich Ihre Befürchtungen? Was ist mit Ihren Wünschen und Erwartungen?“

 

CC BY-SA 3.0 DE by Milica Mladenovic und Ellen Schmidt für wb-web


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