Erfahrungsbericht
"Selbstbestimmung. Das ist das Wichtigste"
Der Wechsel als Weiterbildnerin in die Freiberuflichkeit erfordert eine große Portion Motivation und ein dickes finanzielles Polster, sagt Hilke Steffens. Sie arbeitet als selbstständige Trainerin und Business Coach und schätzt an der Freiberuflichkeit vor allem die Selbstbestimmung. wb-web hat Hilke Steffens im Rahmen des Dossiers „Selbstständigkeit in der Weiterbildung“ zu ihren Erfahrungen als Freiberuflerin befragt.
wb-web: Frau Steffens, Sie haben viele Jahre angestellt gearbeitet im Personal-Bereich eines IT-Unternehmens. Warum haben Sie vor einigen Jahren den Entschluss gefasst, als selbstständige Trainerin und Business Coach zu arbeiten?
Hilke Steffens: Ich brauchte vor zehn Jahren einfach eine Veränderung. Ich wollte aus diesem Mühlenrad eines Angestelltendaseins ausbrechen. Ich hatte eine Auszeit genommen und dann ergaben sich plötzlich Trainings durch Kontakte, die ich bereits im Vorfeld hatte. Sie haben mir die Türen zur Freiberuflichkeit geöffnet. Der Einstieg in die Selbstständigkeit war relativ leicht, da ich bereits wertvolle Kontakte hatte.
wb-web: Was genau ist Ihr Angebot als Trainerin und Business Coach?
Hilke Steffens: Im Bereich Coaching biete ich klassisches Business Coaching an: Persönlichkeitsentwicklung, Findungsprozesse, Werte, aber auch Lösen von Blockaden, Ängsten und so weiter.
Im Trainings-Bereich umfasst mein Angebot: Kommunikation, Konfliktmanagement, Verhandlungsführung, Zeitmanagement, Gesprächsführung.
Außerdem biete ich HR-Interim-Projektmanagement an. Ich werde gebucht für die Entwicklung von Kompetenzmodellen, Mitarbeiterförderung und Personalentwicklung.
wb-web: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Eigenschaften, die man als selbstständige Trainerin oder Coach mitbringen muss, um erfolgreich zu sein?
Hilke Steffens: Man benötigt eine sehr starke intrinsische Motivation. Sie müssen sich selber steuern können, sich selber motivieren. Das ist ganz wichtig. Es gibt Tage, an denen man vielleicht nicht so ausgelastet ist. Dann müssen Sie aus sich heraus die Kraft finden, Akquise zu betreiben, neue Kontakte zu knüpfen, auf Leute zuzugehen. Außerdem brauchen Sie eine große innere Gelassenheit, denn es gibt Phasen, da läuft alles gut, und es gibt Phasen, da herrscht über Monate hinweg Flaute. Sie wissen unter Umständen im November noch nicht, wie das nächste Jahr gefüllt sein wird. Sie brauchen dieses Zutrauen: Das wird schon wieder werden, da wird noch was reinkommen.
Und dann muss man noch sehr organisiert arbeiten. Es gibt keinen Ablaufplan, keine Termine, die vorgesetzt werden. Sie alleine entscheiden, wie die Zeit, die sie zur Verfügung haben, genutzt wird.
wb-web: Manche Lehrende in der Erwachsenen- und Weiterbildung verfolgen den Ansatz, sich thematisch breit aufzustellen, um für möglichst viele potenzielle Auftraggeber interessant zu erscheinen. Ist diese Strategie aus Ihrer Sicht erfolgversprechend?
Hilke Steffens: Wenn Sie eine gute Auslastung haben, können Sie sich erlauben, sich zu spezialisieren. Wenn Sie hingegen keine gute Auslastung haben, neigen Sie automatisch dazu, sich breiter aufzustellen.
Gleichwohl halte ich nicht viel von einer breiten Aufstellung. Sie haben kein Profil, keine Corporate Identity. Das ist aber wichtig. Sie müssen wahrgenommen werden.
wb-web: Der Verlag managerSeminare hat in einer großen Umfrage unter Weiterbildnern herausgefunden, dass der durchschnittliche Tagessatz für eine Training um zehn Prozent gestiegen ist – und bei über 1.300 € liegt. Ist die Trainerwelt somit in Ordnung oder liegt auch dort noch etwas im Argen?
Hilke Steffens: Es liegt schon auch noch einiges im Argen. Also 1.300 € als durchschnittlichen Tagessatz kann ich nicht sehen. Ich denke, ich liege im hohen Bereich, mit 1.000 € Tagessatz. Allerdings muss man differenzieren: Wenn Sie über einen Kooperationspartner einen Trainingsauftrag erhalten, dann sind die Tagessätze üblicherweise niedriger. Wenn Sie selber akquirieren und eigene Kunden haben, können Sie 1.300 € bis 1.400 € in Rechnung stellen. In der Regel arbeitet die Mehrheit der Trainer über Kooperationspartner und wird von großen Instituten beauftragt, die diese hohen Sätze nicht zahlen.
wb-web: Eine selbstständige Trainerin hat uns gegenüber beklagt, dass Trainings pädagogisch verarmen, weil Trainerinnen und Trainer nur noch für das Training gebucht werden und das Konzept und alle weiteren Rahmenbedingungen bereits im Vorhinein festgelegt wurden. Würden Sie diesen Trend bestätigen?
Hilke Steffens: Das hängt davon ab, mit wem Sie zusammenarbeiten. Wenn Sie mit großen Fortbildungsanbietern arbeiten, dann stimme ich zu. Diese Tätigkeiten können unter Umständen eine Art von Söldnerdasein darstellen. Alles wird vorgegeben.
Ich persönlich arbeite mit Kunden zusammen, die von mir wünschen, mich einzubringen, und teilweise auch selber zu konzipieren. Das ist aber meine ganz persönliche Situation.
Grundsätzlich ist die Tendenz, dass Trainer auf dem freien Markt nur noch ausführende Söldner sind.
wb-web: Sie kennen das Arbeitsleben einer Weiterbildnerin aus der Sicht einer Angestellten und einer Selbstständigen. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile als selbstständige Trainerin und Coach?
Hilke Steffens: Selbstbestimmung. Das ist das Wichtigste. Ich kann für mich entscheiden: Nehme ich ein Training an oder nicht. Ich allein entscheide, was ich mit meiner Zeit mache. Diese Art der Selbstbestimmung ist sehr wertvoll.
wb-web: Hatten Sie diese Selbstbestimmung denn von Anfang an oder muss man sich diese erstmal erarbeiten, so dass man z.B. auch mal ein Training ablehnen kann?
Hilke Steffens: Klar ist die Ablehnung von Trainings ein Luxus, den man sich erstmal erarbeiten muss. Aber Selbstbestimmung bedeutet ja auch: Was mache ich mit meiner freien Zeit, wenn ich keine Trainings habe? Bilde ich mich fort? Mache ich Yoga? Gehe ich wandern?
Man hat also andere Zeitrhythmen. Das setzt natürlich voraus, kommen wir zurück zur intrinsischen Motivation, dass Sie auch wieder den Sprung an die Arbeit schaffen.
wb-web: Und was sind die größten Nachteile?
Hilke Steffens: Die finanzielle Unsicherheit. Heute läuft es gut, morgen läuft es nicht so gut. Sie müssen immer dafür Sorge tragen, dass sie genug zurückgelegt haben. Die Unzuverlässigkeit mancher Kunden ist ebenfalls nachteilig. Es werden Trainings gebucht, die Termine geblockt und dann kurzfristig abgesagt, so dass ich nichts abrechnen kann.
wb-web: Nehmen wir mal an, eine angestellte Trainerin denkt darüber nach, in die Selbstständigkeit zu gehen. Hätten Sie direkt ein, zwei Tipps parat?
Hilke Steffens: Wenn eine angestellte Trainerin in die Selbstständigkeit wechselt, sollte sie nicht davon ausgehen, dass sie automatisch Aufträge durch ihren ehemaligen Arbeitgeber bekommt. Das ist oft nicht der Fall. Ich kenne kaum eine Kollegin, die durch ihren ehemaligen Arbeitgeber Trainingsaufträge bekommt. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man ganz neu in die Akquise gehen muss.
Außerdem benötigen Sie auf jeden Fall ein dickes finanzielles Polster. Es dauert eine Weile, bis der Kundenstamm zusammen ist. Man braucht einen langen Atem und ein finanzielles Polster, das ein Jahr halten sollte.
Hilke Steffens hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht: die Arbeit mit Menschen, die Veränderung, Wissenserweiterung und Persönlichkeitsentwicklung suchen oder sich in ihrem beruflichen/persönlichen Kontext damit auseinandersetzen müssen. Nach über zehn Jahren Erfahrung im Personalmanagement ist sie seit 2011 nun selbstständig und erfolgreich als internationale Trainerin (u.a. für Kommunikation und Verhandlungsführung) und Business Coach tätig.