Handlungsanleitung
Hilfestellung im Glaubwürdigkeitschaos der Informationssuche

Wie lässt sich die alltägliche Informations- und Quellenbewertung fördern? Eine herausfordernde Frage in einer Welt, in der jede menschliche und generative Intelligenz zum Informationsproduzenten werden kann und der Umgang mit Informationen Auswirkungen auf unser gesellschaftliches sowie politisches Miteinander hat. Die begleitende Kompetenzförderung wird dadurch unabdingbar, wobei die technologischen Entwicklungen um Längen schneller voranschreiten als die Erstellung passender Curricula. Die Individualisierung persönlicher Informationsversorgung erschwert ebenfalls standardisierte Ansätze, die trotzdem individuelle Passgenauigkeit vermitteln sollen. Wieso nicht also die Lernenden selbst befähigen, um das eigene Verhalten zu spiegeln?
Visualisieren und Verstehen: Hilfestellung im Glaubwürdigkeitschaos der Informationssuche. Eine Methodik nach Laurine Oldenburg
Der Ansatz des VisVe-Konzeptes nutzt drei Fragestellungen, zwei Visualisierungsvorhaben, ein paar bunte Zettel und einen Stift. Die erste von drei Fragen lädt dazu ein, über eigene Informationsquellen nachzudenken und diese in ein Schema abzulegen (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Visualisierungsvorlage I: Informationsquellen von Laurine Oldenburg CC BY-SA 4.0
Die zweite Fragestellung leitet den Lernenden an, vorgegebene Glaubwürdigkeitsaspekte (bspw. Aktualität, Platzierung auf der Google Ergebnisliste, Reputation) nach individueller Relevanz zur Bewertung von Informationen und Quellen zu priorisieren (siehe Abb. 2).

Abb. 2 Visualisierungsvorlage II: Glaubwürdigkeitsaspekte von Laurine Oldenburg CC BY-SA 4.0
Hier hilft das in-Bezug-Setzen der Aspekte zu einander einerseits das Reflektieren anzustoßen und andererseits ein holistisches Bild der individuellen Informations-und Quellenbewertung und ihrer Kriterien zu erlangen. Anschließend fragt die dritte Frage nach, ob die wichtigsten Glaubwürdigkeitsaspekte aus der zweiten Frage, zu den am häufigsten genutzten Informationsquellen aus der ersten Fragestellung passen. Tada! Idealerweise kommt es an dieser Stelle zu einem Aha-Effekt. So einfach lassen sich Diskrepanzen im eigenen Informationsverhalten aufdecken. Wenn ich beispielseise die Verlinkung von Quellen als wichtigstes Kriterien gewichtet habe, aber meine Hauptinformationsquelle TikTok ist, zeigen mir die Visualisierungen auf, dass ich hier wohlmöglich eine Lücke habe und vielleicht andere Informationsquellen nutzen sollte, die vermehrt Quellen verlinken. Ganz ohne Bewertung und Fingerzeigen von außen können direkt in Bezug zur eigenen Lebensrealität neue Verhaltensimpulse abgeleitet werden. Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt des Leitfadens für Lehrende, der die Schritte nochmals zusammenfassend visualisiert.
Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich die Arbeit im Forschungsfeld der Informationskompetenz als Bestandteil der Informationsverhaltensforschung (engl. Information Behvaior) verordnen. Die Visualisierungskomponente entstammt dabei einer Zweckentfremdung des Informationshorizonten, einer Interviewtechnik die auf Diane H. Sonnenwald von 1999 zurückgeht. Diese Methodik dient im VisVe-Kontext nicht mehr der Erhebung von Daten, sondern wirkt als Sensibilisierungswerkzeug. Die eigene Forschung zeigt, dass 70 Prozent der in der Wirkungsevaluation teilgenommenen Probanden einen Neuigkeitswert für sich mitnehmen und in 65 Prozent der Fälle direkt einen Veränderungsimpuls für zukünftiges Verhalten ableiten konnten. Die Forschung zeigt weiterhin, dass ein Austausch zu den eigenen Erfahrungen im Umgang mit der VisVe-Methodik ein wertvoller Ausgangspunkt für Diskussionen ist. Um einen möglichst nachhaltigen Impact zu liefern, kann ein regelmäßiges Konfrontieren im Zuge eines gemeinsamen Diskurses die langfristiege Wirkung unterstützen. Das Konzept ist frei zugänglich und an invidividuellen (Kurs-)Konzepte anpassbar. So sind ebenfalls die Glaubwürdkeitsaspekte veränderbar. Neben dem Bestandteil von Kursen eigent sich das Konzept ebenfalls als Sensibilisierungsmaßnahme bei Konferenzen/Workshops/Tagungen usw.
Die benötigen Materialien umfassen einen Leitfaden für Lehrende (siehe Abb. 3), einen Leitfaden für Lernende und die Glaubwürdigkeitsaspekte. Diese finden Sie direkt zum Ausdrucken als PDF rechts in der Spalte zum Download. Je nach verfügbarer und vorgegebenener Bearbeitungszeit kann das VisVe Lernkonzept in ca. 30 Minuten durchlaufen werden.

Abb 3. Abbildung 3 Ausschnitt Leitfaden Lehrende on Laurine Oldenburg CC BY-SA 4.0
Viel Freunde und fröhliches Selbstreflektieren.
"Hilfestellung im Glaubwürdigkeitschaos der Informationssuche" von Laurine Oldenburg für wb-web (2025), CC BY-SA 4.0
Dr. Laurine Oldenburg, ehemals wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hildesheim im Institut für Informationswissenschaften und Sprachtechnologie, beschäftigte sich mit der alltäglichen Informationssuche, den Dynamiken der Informationsmarkes sowie den individuellen Hemmnissen des eigenen Informationsverhaltens. Die Dissertation wurde im HilPub der Universität Hildesheim veröffentlicht und ist unter folgendem Link frei auffindbar: https://hilpub.uni-hildesheim.de/entities/publication/e5f50778-8d96-4442-8d8f-f214ca348bc1