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Motiviert in Sozialräumen lernen

Eine grafische Darstellung einer Stadt mit Häusern, Straßen und Menschen

Lernen im Quartier (Deutscher Volkshochschul-Verband, nicht unter freier Lizenz)

Kooperation von Sozialarbeit und Weiterbildung als Schlüssel zur Motivation zum Lesen- und Schreibenlernen –  6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht ausreichend lesen und schreiben. Aber nur weniger als ein Prozent von ihnen nutzt vorhandene Lernangebote. Die Praxiserfahrung des Projekts "In Sozialräumen lernen" (InSole) zeigt, dass eine Kooperation von Trägern der Quartiersarbeit und der Weiterbildungseinrichtungen zu hoher Teilnahme durch erfolgreiche Ansprache führen kann. Niedrigschwellige Lernangebote müssen dafür direkt im Quartier gemeinsam umgesetzt werden.

Aus (Projekt-)Erfahrungen lernen (oder besser: „Den Berg zum Propheten: Das Angebot zu den Teilnehmenden“)

Die Projektidee von InSole – In Sozialräumen lernen (Transfer) ist es, Menschen mit geringen Lese- und Schreibkompetenzen durch die Umsetzung folgender Grundsätze besser zu erreichen.

  • Vor Ort den Menschen in ihren Stadtvierteln begegnen.
  • Über Vertrauenspersonen, wie Fachkräfte der Sozialarbeit, Betroffene einfühlsam ansprechen.
  • Durch Informationen motivieren und deutlich machen, Lesen und Schreiben ist lernbar und sie sind nicht allein.
  • Über niedrigschwellige Lernangebote positive Lernerfahrungen durch teilnehmenden- und lebensweltlich orientierte Methoden ermöglichen.

In einer Fachkräftebefragung zu Beginn des Projekts wurde deutlich, dass der sozialräumliche Ansatz von InSole erfolgversprechend ist: Geringe Literalität wird von den befragen Fachkräften der Sozialarbeit bei der sie aufsuchenden Klientel häufig wahrgenommen, allerdings wird sie durch Fachkräfte seltener angesprochen. Gleichzeitig zeigte die Befragung, dass die Ratsuchenden ihre geringe Literalität nur wenig gegenüber den Fachkräften tabuisieren. Die Volkshochschulen mit ihrer Expertise im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung, machen zwar entsprechende Angebote, allerdings selten für die Betroffenen in deren Quartier.

InSole hat deshalb zur Umsetzung seiner niedrigschwelligen Lernangebote im Quartier Volkshochschulen und Träger der Quartiersarbeit als Kooperationspartner gesucht und gewonnen. So konnte die InSole-LernBar jeweils vorhandene Expertisen vor Ort einbinden und Angebote dort initiieren, wo Bedarfe existieren: Im Quartier, idealer Weise in den Räumlichkeiten der Träger der Quartiersarbeit, denn diese sind bereits durch andere Angebote bekannt und leicht erreichbar.

 Lernen ist LernBar  durch ein teilnehmendenorientiertes Lehrverständnis

In diesen wohnortnahen Lernräumen werden die Lehrmethoden auf die individuellen Bedarfe der Teilnehmenden abgestimmt. Durch den lebensweltlich orientierten Ansatz und eine erhöhte Sensibilität der Lehrkräfte für Lernhemmnisse und negative Lernerfahrungen werden die Teilnehmenden in den Mittelpunkt gestellt. Sie werden behutsam wieder an das Lernen herangeführt und erleben Spaß am Lesen und Schreiben. Die intendierte Brückenfunktion, Teilnehmende dadurch zum strukturierten Lernen z.B. in den Kursen der Volkshochschulen zu motivieren, ist im Rahmen des Verbundvorhabens InSole durch dieses Vorgehen gut umgesetzt worden.

Die InSole-LernBar und das ihr zugrundeliegende Kooperationsmodell wurde von der Forschungsgruppe in puncto extern evaluiert. Im Praxisleitfaden, einem Teilergebnis der Evaluation, wird das erprobte Vorgehen bei InSole aufbereitet. Dieser kann online eingesehen werden und ist auch als Druckversion erhältlich.

Cover des Buchs "Grundbildung stärken im Quartier"

Vier Schritte zu erfolgreicher Zusammenarbeit

Der Praxisleitfaden dient damit auch anderen als Unterstützung zur Umsetzungen niedrigschwelliger Lernangebote. Insbesondere der Prozess des Aufbaus und der Pflege ergebnisorientierter Kooperationen wird in vier Schritten beschrieben.

  • Nutzen klären: Die Initiative zur Zusammenarbeit kann von beiden Organisationen ausgehen (Volkshochschule oder Träger der Quartiersentwicklung). Bevor die ersten Schritte gegangen werden sollte der jeweilige Nutzen für beide Partner geklärt und eindeutig benannt werden.
  • Zusammenarbeit konkretisieren: Damit sich beide Partner Ihrer Bedeutung und ihrer Aufgaben bewusstwerden und sich den gemeinsamen Zielen verpflichtet fühlen, hat sich ein Auftaktworkshop als sinnvoll erwiesen. Ziel hierbei ist das Schaffen wichtiger Grundlagen der Zusammenarbeit. Hierzu gehört das Diskutieren der Erwartungen und das Vereinbaren der nächsten Schritte. Eine schriftliche Kooperationsvereinbarung kann diesen Schritt unterstützen.
  • Kooperation aufbauen: Zur reibungslosen Zusammenarbeit gehört ein frühzeitiges Erkennen von Schwierigkeiten und das entwickeln entsprechender Lösungsansätze. Dafür sind Arbeitstreffen in kurzen Zeitabständen sinnvoll, bei denen das Gewährleisten von Transparenz über den gemeinsamen Prozess und den aktuellen Status der Arbeit als Zwischenbilanz im Mittelpunkt steht.
  • Fachkräfte sensibilisieren: Das erhebliche Mitwissen der sozialberatenden Fachkräfte und das ihnen entgegengebrachte Vertrauen sollten für die Ansprache gering literalisierter Erwachsener genutzt werden. Dazu können zusätzliche Schulungen oder Informationsveranstaltungen angeboten werden. Das von InSole entwickelte Workshop-Konzept „Lese- und Schreibschwierigkeiten: Erkennen, ansprechen und zum Lernen motivieren“ bietet hier einen tragfähigen Ansatz. Der Aufbau von Beratungs-, Verweis- und Unterstützungsstrukturen im Quartier kann auf diesem Wege gefördert werden.
  • Begleitende ÖA: Ist es gemeinsames Ziel, das Thema geringe Literalität bei Erwachsenen im Quartier aus der Tabuzone zu holen, sind eine gute Außenwirkung und eine feste Einbindung in das kommunale Umfeld sinnvoll und notwendig. Eine gemeinsame, offensiv geführte Öffentlichkeitsarbeit sollte fester Bestandteil der Zusammenarbeit sein: Dialoge im öffentlichen Raum initiieren, politische Diskussionen anregen und neue Ansätze und vorbildliche Handlungsweisen propagieren.

 Erfolge transferieren, neue Akteure gewinnen

Die Erfolge der ersten Projektlaufzeit wird InSole im aktuellen Transfervorhaben verstetigen. In weiteren Bundesländern, Bremen und Hessen, werden wir Menschen mit geringer Literalität durch niedrigschwellig zugängliche Lernangebote in ihrem Quartier und durch die richtigen Ansprachewege zum Lernen motivieren. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure aus der Weiterbildung, den Volkshochschulen, und Trägern der Quartiersarbeit wird auch in den kommenden Jahren Schwerpunkt unserer Herangehensweise sein. Durch die bisher erarbeiteten InSole-Produkte haben wir eine solide Grundlage, um das Wissen und die Erfahrungen der ersten Projektphase zu transferieren und an die neuen Standorte weitergeben zu können.

 Den Fortschritt unserer Projektarbeit in den nächsten Monaten können Sie hier auch im wb-web-Podcast potentiaLLL verfolgen.

 CC BY SA 3.0 DE von  Jens Kemner und Nadja Gerner für wb-web


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