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KlimaFood

Das Bild zeigt einen Obstsalat.

Obstsalat (Bild: Susanne  Witt, CC BY SA 3.0)

KlimaFood ist ein IN FORM-Projekt (11/20 bis 12/23), welches eine klimafreundliche und gesundheitsfördernde Ernährungsbildung von vulnerablen Gruppen durch verschiedene zielgruppenorientierte Aktionen fördert. Vermittelt werden alltagspraktisches Wissen und Kompetenzen, die in der eigenen Lebenswelt direkt angewendet werden können. Umgesetzt wird das Projekt durch die Europa-Universität Flensburg, in Kooperation mit Praxispartner*innen wie der Landesvereinigung für Gesundheit Schleswig-Holstein, Equippers Flensburg e. V. und der Tafel-Akademie gGmbH.

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Logo des Projekts KlimaFood

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KlimaFood und Food Literacy

Im Projekt KlimaFood werden mithilfe des Food Literacy Ansatzes (s. u.) klimafreundliche und nachhaltige Ernährungs(bildungs)systeme gefördert und gestaltet. Food Literacy wird im Projekt genutzt, indem durch verschiedene Ansätze und Maßnahmen ein Bewusstsein für das Thema Essen und Trinken bei der Zielgruppe geschaffen wird. Dabei wird auf Botschaften mit „dem erhobenen Zeigefinger“ bewusst verzichtet und es findet eine implizite Gesundheitsförderung und Sensibilisierung für eine nachhaltige Lebensmittelauswahl statt.

Ebenso soll im Rahmen des Projektes für das Thema Ernährung und Klima sensibilisiert und die Gesundheit vulnerabler und bildungsferner Bevölkerungsgruppen gestärkt werden. Zu dieser Zielgruppe gehören bspw. kinderreiche Haushalte, (junge) Erwachsene, Kinder, Jugendliche, Menschen mit Migrations-/Fluchthintergrund sowie Senior*innen mit geringem Einkommen. Ebenso werden Menschen mit Vorerkrankungen, die ein höheres Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten aufweisen oder physisch, psychisch und sozial benachteiligt sind sowie Personen ohne Beschäftigungsverhältnis (ALG II-Empfänger*innen) und Menschen, die von Ernährungsarmut betroffen sind, angesprochen.

Das Konzept Food Literacy mit seinem Kompetenzraster Ernährung für die Grundbildung nimmt einen großen Stellenwert im KlimaFood-Projekt ein. So kann die Zielgruppe bspw. Kompetenzen in den Bereichen Gesundheit, Genuss, Nahrungszubereitung, Einkauf oder Nachhaltigkeit aufbauen. Food Literacy umfasst laut Johannsen et al. (2019) Kompetenzen, die es ermöglichen, einen „existenziell basalen Ess- und Ernährungsalltag selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und genussvoll zu gestalten“ (S. 277). Im Kontext der Grundbildung gehören dazu nicht nur Kompetenzen im Bereich der Nahrungsmittelzubereitung, sondern auch schriftsprachliche Grundfertigkeiten und die Stärkung von Entscheidungskompetenzen. Ebenso werden praktische Fertigkeiten vermittelt, die der Zielgruppe die Auswahl und den Umgang mit Lebensmitteln im Alltag erleichtern (vgl. ebd.).

Food Literacy beschreibt Ernährung als Querschnittsthema der Erwachsenenbildung, um Ernährungskompetenzen in der Bevölkerung aufzubauen (Müller et al., 2007, S. 46). Den Schrift- und Spracherwerb mit dem Thema Ernährung zu verbinden, erleichtert den Teilnehmenden den Einstieg ins Lernen. Beispielsweise sprechen praktische Übungen zu Ernährungsthemen alle Sinne an und bieten den Teilnehmenden Gesprächsanlässe sowie die Möglichkeit, das Gelernte direkt im Alltag anzuwenden. Im Bereich der Grundbildung für Erwachsene hat es sich bewährt, auf eine Alltags- und Lebensweltorientierung der Kursinhalte zu achten. Da jeder Mensch täglich mit dem Thema Ernährung in Berührung kommt, können eigene Erfahrungen in den Kursen eingebracht und mit den vermittelten Inhalten verknüpft werden. Diese Kompetenzorientierung führt zu mehr Freude beim Lernen und hat einen positiven Effekt auf den Selbstwert (Groeneveld et al., 2011, S. 10).

Fokussiert wird die Erhöhung der Selbstwirksamkeit der Zielgruppe durch eine Vermittlung von alltagspraktischem Wissen und Handlungskompetenzen durch informelles Lernen. Spielerisch und mit Freude erfahren die Personen der Zielgruppe, dass sie die Fähigkeiten haben, einfach und schnell leckere Gerichte zu kochen. Laut Schwarzer & Jerusalem (2002, S. 28) steigt durch diese Erfolgserlebnisse die Erwartung der Zielgruppe, diese Tätigkeiten auch selbst wiederholen zu können. Im Falle der Grundbildung werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die Zielgruppe baut nicht nur Kompetenzen beim Lesen und Schreiben auf, sie lernt auch durch praktische Übungen ihren Essalltag selbstständig zu meistern.

Um die Zielgruppe zu erreichen, werden im Projekt KlimaFood drei Strategien verfolgt:

  1. Komm-Struktur: Integration von Bildungsangeboten zu klimafreundlicher und gesundheitsförderlicher Ernährung in bereits bestehende Strukturen, bspw. in Familienbildungsstätten, Stadtteiltreffs oder Mehrgenerationenhäuser. Sie orientieren sich alltagspraktisch an den Bedürfnissen der Menschen, die diese Strukturen nutzen. Dafür ist die Entwicklung von Bildungsmaterialien oder spielpädagogischen Ansätzen denkbar. Auch möglich wäre die Integration eines Kochkurses in Deutschkursen (z. B für DaZ und Alphabetisierung und Grundbildung).
  2. Geh-Struktur: Dieser Bereich deckt die Entwicklung von Methoden und Ansätzen in der aufsuchenden Ernährungsbildung in den Lebenswelten der Zielgruppen ab (Jugendtreffs, Einkaufszentren, Stadtteil-feste etc.). In diesem Rahmen wird beispielsweise das KlimaFood-Bike (ein Lastenrad mit mobiler Küche) für öffentlichkeitswirksame Kochaktionen mit der Zielgruppe entwickelt. In verschiedenen Mitmachaktionen kann die Zielgruppe ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bereich der Nahrungszubereitung weiter ausbauen.
  3. Service Learning: Strukturen des Service-Learnings werden mit Akteuren der Jugendarbeit aufgebaut und erprobt. Die Zielgruppe vermittelt in diesem Rahmen Personen aus ihren Sozialräumen Ernährungswissen (Peer-to-Peer), so können Ernährungskompetenzen gegenseitig gestärkt werden. In diesem Zuge soll gemeinsam eine Café-Arbeit entwickelt und langfristig in verschiedene Strukturen etabliert werden. Auch sind Kochaktionen mit einem Kochmobil eines Jugendzentrums in Flensburg geplant, bei der die Zielgruppe selbst mit Personen aus der eigenen Lebenswelt kocht.

Durch die Lebensweltorientierung und die partizipative Einbindung der Zielgruppe, der Multiplikator*innen sowie der Praxispartner*innen, soll ihnen der Zugang zu Maßnahmen der Ernährungsbildung erleichtert werden. Auch liegt der Fokus auf der (Weiter-)Entwicklung von Methoden, Konzepten und Bildungsmaterialien, mit denen die Zielgruppen erreicht, gefördert und motiviert werden können.

Schleswig-Holstein ist im Projekt KlimaFood Modellregion, in der neue niederschwellige Maßnahmen und Ansätze entwickelt und praktisch erprobt werden. Nach einer Pilotierungsphase in Schleswig-Holstein erfolgt eine bundesweite Implementation in der Praxis. Bei Abschluss des Projektes sind in Deutschland Qualifizierungs- und Schulungsangebote entwickelt, erprobt und evaluiert und Best-Practice Beispiele dargestellt.

Kontakte

Europa-Universität Flensburg

Auf dem Campus 1

24943 Flensburg

 

Ansprechpartnerin

Vanessa Lüder & Team

Projektleitung: Prof. Dr. Ulrike Johannsen

Telefon: +49 461 805 2971 E-Mail: klimafood@uni-flensburg.de

Über IN FORM

IN FORM ist Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und Bewegung. Sie wurde 2008 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) initiiert und ist seitdem bundesweit mit Projektpartnern in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der Menschen dauerhaft zu verbessern. Weitere Informationen unter: www.in-form.de

Literaturverzeichnis

Groeneveld, M., Grünhage-Monetti, M., Klinger, M. & Wilhelmi, I. (2011). Food Literacy im Alphabetisierungskurs: Lesen und Schreiben schmackhaft machen. (Informationen zur Durchführung einer Fortbildung für Kursleitende).

Johannsen, U., Schlapkohl, N. & Kaiser, B. (2019). Food & Move Literacy in der Erwachsenenbildung – Kompetenzanforderungen im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 42(2), 265–287. 

Müller, C., Groeneveld, M. & Büning-Fesel, M. (2007). >>Food Literacy<< als Querschnittsaufgabe für Erwachsenenbildung. Kulinarische Kompetenz entwickeln. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung(3), 46–48. 

Schwarzer, R. & Jerusalem, M. (2002). Das Konzept der Selbstwirksamkeit. Zeitschrift für Pädagogik(44), 28–53.

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CC BY SA 3.0 by Vanessa Lüder und Ulrike Johannsson für wb-web