Handlungsanleitung
Gamification in der Weiterbildungspraxis
Die hier vorgestellten Ideen stammen aus dem Erfahrungsschatz der Teilnehmenden des 13. dialog digitalisierung oder spiegeln ihre Wünsche an zukünftigen Gamificationeinsatz wider. In den meisten Fällen können Themen, Zielgruppe, Tools und Aufwand dabei variabel gewählt werden. In den sogenannten Co-Labs diskutierten Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen miteinander über die Möglichkeiten und Grenzen von Gamification in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Insgesamt wurden daraus sieben konkrete Szenarien entwickelt, die gerne auch Einzug in Ihre Lehre führen können.
Manipulations-Memory
Bild: Interaktives Memory (mit Hilfe von KI erstellt)
Zielgruppe: Jugendliche und Erwachsene
Lernziel: psychologische Mechanismen sozialer Medien der jeweiligen Wirkung zuordnen
Tool: Umsetzung beispielsweise mit H5P (Open Source)
Aufwand: Vorbereitung je nach Mediennutzung 20-60 Minuten, Durchführung je nach Umfang und Diskussion 10-30 Minuten
Vorbereitung: Zum Thema Manipulationstechniken Sozialer Medien werden passende Paarungen gesammelt. Beispielsweise zu den Themen Endlosscrollen oder Pushbenachrichtigungen. Im Spiel sollen später jeweils die Mechanismen mit den Wirkungen zusammengefügt werden. Es können auch sprechende Bilder, Audios oder Videos mit Text oder anderen Medienformaten vorbereitet werden, um sie später einander zuzuordnen. Dies ermöglicht auch einen Einsatz in Kursen, die nicht von Deutschmuttersprachler*innen oder von Menschen mit geringer Literalität besucht werden.
Durchführung: Der digitale Memory-Link wird den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt. Das Spiel kann in der Gruppe wie im herkömmlichen Kartenmemory gespielt werden, indem immer abwechseln Karten aufgedeckt werden. Der Vorteil beim Gruppenspiel ist, dass man über die Inhalte gleich ins Gespräch kommen kann. Das digitale Memory-Spiel eignet sich aber auch für Einzelspieler gegen die Zeit oder im Wettstreit mit sich selbst, möglichst wenige Fehlaufdeckungen zu begehen.
Heldenreise: Auf zur Schatzinsel ChatGPT
Bild: Künstliche Intelligenz (mit Hilfe von KI erstellt)
Zielgruppe: gering literalisierte Lernende
Lernziel: Funktionen von ChatGPT entdecken
Tool: internetfähiges Endgerät
Aufwand: Durchführung je nach Umfang und Diskussion 10-120 Minuten
Vorbereitung: Internetzugang für Lernende sicherstellen
Herausforderungen für Lernende: eigenes mobiles Gerät bedienen, Browser öffnen, Speech-to-text beherrschen
Mögliche Stationen für Heldenreise: Anwendung einrichten - Anwendung/Browser öffnen - Challenge: Wordanwendung öffnen - Kopieren und Einfügen - Gefahr/Challenge: eine Station verdeutlicht Gefahren (z. B. Datenschutz) - letzte Station: ChatGPT, Funktionen von ChatGPT entdecken (Mikro)
Variante: Die Heldenreise kann in ein Storytelling eingebunden werden. Dafür muss in der Vorbereitung eine Geschichte erdacht werden, die die Stationen der Reise in eine (fiktive) Lerner*innen-Geschichte einbindet.
Höfliche Bitten – Video-Stadtrallye
Bild: Ausleihe Bibliothek (mit Hilfe von KI erstellt)
Zielgruppe: DaF- oder DaZ-Lernende
Lernziel: höfliche Bitten in verschiedenen Szenarien anwenden können
Tools: Smartphone
Umsetzung: als „Stadtrallye“ in Präsenz oder als digitale Variante (s.u.)
Aufwand: Durchführung mit Kursgruppe 45 bis 90 Minuten, optionale Bearbeitung der Filmschnipsel circa 45 Minuten, anschließende gemütliche Filmvorführung mit Popcorn und Co
Vorbereitung: mit den Lernenden zusammen werden Szenarien zusammengetragen, in denen man um etwas bitten kann, Videofunktion des Smartphones wird besprochen, einfache Handgriffe des Videoschnitts können optional thematisiert werden.
Durchführung: Die Lernenden gehen in Kleingruppen durch die Stadt und stellen an passenden Orten Szenen nach, in denen eine höfliche Bitte ausgesprochen wird, optional können im Anschluss die einzelnen Szenen zu einem Film zusammengeschnitten werden. Anschließend werden die einzelnen Szenen oder die bearbeiteten Filme gemeinsam angeschaut und gefeiert. Optional können die Lernenden im Anschluss gegenseitig Punkte vergeben für komplizierten Satzbau oder kreative Ausgestaltung.
Digitale Variante: In einem Videokonferenzsystem werden Gruppenräume unter bestimmten Titeln vorbereitet (Feeling kann durch passende digitale Hintergründe verstärkt werden), z.B. Bäckerei, Polizeistation, Bushaltestelle, Parkanlage… Die Teilnehmenden durchwandern die verschiedenen digitalen Gruppenräume und spielen jeweils passende Szenen nach. Die Szenen können optional per Screenrecording aufgenommen und vorgeführt werden.
Mystery-Methode zu FSME
Bild: gemeinsames Schaubild (mit Hilfe von KI erstellt)
Zielgruppe: Jugendliche Sek I und II (kann auch auf andere Zielgruppen übertragen werden
Lernziel: Aktivitätsrhythmus der Zecke in Bezug auf abiotische Faktoren
Tool: in Präsenz oder digital beispielsweise mit „Drag & Drop“-Element von H5P (Open Source)
Aufwand: Vorbereitung 20-60 Minuten, Durchführung je nach Umfang und Diskussion 10-45 Minuten
Vorbereitung: Es gibt zum Thema FSME bereits passende Mystery-Karten als Kopiervorlage im Buch „Biosphäre Mysterys“ von Cornelsen, die direkt in Präsenz genutzt oder ins Digitale übertragen werden können. Andernfalls müssen beliebig viele Karten vorbereitet werden, die gemeinsam und richtig angeordnet eine Concept-Map zum gewählten Thema ergeben. Die Mystery-Karten müssen bereits alle relevanten Informationen zum Thema beinhalten. Richtig zusammengelegt, ergeben sie ein Gesamtbild mit Zusammenhängen/ Abhängigkeiten/ zeitlicher Reihenfolge/ etc.
Durchführung: In Präsenz bekommen die Lernenden in Kleingruppen die Mystery-Karten zu ihrem Thema ausgeteilt. Sie lesen sie gemeinsam durch und diskutieren, wie die Karten zusammengelegt werden können, damit sie ein umfassendes Bild zum Thema ergeben. In der digitalen Variante können Lernende beispielsweise mit H5P die Karten gemeinsam in einer Videokonferenz/in einem Breakout-Raum zusammenlegen und das Ergebnis anschließend im Plenum präsentieren oder die Concept-Map auf Punkte oder gegen die Zeit individuell zusammenbauen.
Rollenspiel: Gewaltfreie Kommunikation
Zielgruppe: Erwachsene oder Sek II
Lernziel: Anwendung der vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation
Tool: Umsetzung in Präsenz oder in Online-Meeting
Aufwand: Durchführung je nach Umfang und anschließender Diskussion 10-30 Minuten
Vorbereitung: Die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation besprechen: wertfreie Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis mitteilen, Erwartungshaltung kommunizieren als Bitte. Das Szenario bestimmen (z.B. eine Beschwerde äußern) und eine konkrete Aufgabenstellung formulieren (inklusive des Framens bestimmter Verhaltensweisen).
Durchführung: Immer zwei Personen gehen in einen Dialog. Eine Person nimmt die Rolle des Kommunikators (Sender) ein und eine Person die Rolle des Gegenübers (Empfänger). Die Rollen sollten zwischendrin getauscht werden. Ggf. Zuschauer/Zuhörer*innen bestimmen, die bei Bedarf Feedback/Hinweise/Tipps geben – damit kann auch das Schwierigkeitslevel gesteuert werden.
Ziel ist nicht die Problemlösung, sondern die Deeskalation und im besten Falle ein zufriedenes Gegenüber (beide Gesprächspartner*innen fühlen sich gehört).
Schatzsuche/Escape-Spiel
Bild: Schatzkarte (mit Hilfe von KI erstellt)
Zielgruppe: variabel
Lernziel: variabel
Tool: Umsetzung beispielsweise mit „Game-Map“ von H5P (Open Source)
Aufwand: Vorbereitung circa 30-60 Minuten, Durchführung je nach Umfang 15-60 Minuten
Vorbereitung: Bereits existierende Kursthemen/-materialien werden mit Hilfe einer Geschichte miteinander verbunden. Falls notwendig können fehlende Aufgaben/Stationen erdacht werden, um die Geschichte runder zu machen. Digital kann dies zum Beispiel mit Hilfe der Game-Map von H5P erfolgen, wo Aufgaben/Inhalte sequenziert werden und der nächste Schritt erst freigeschaltet wird, wenn die erste Aufgabe erledigt/gelöst wurde. In Präsenz können Aufgaben räumlich so vorbereitet/verteilt werden, dass die Lösung einer Aufgabe einen Hinweis auf den Fundort der nächsten Aufgabe beinhaltet.
Durchführung: Sobald die Schatzsuche/das Escape-Spiel gut vorbereitet ist, können die Lernenden im Team und je nach Konstellation auch ohne Leitungsperson das Spiel durchlaufen.
Mini-Spiele fürs große Ganze
Zielgruppe: Auszubildende
Lernziel: Grundkompetenzen für jeweilige Fachrichtung erlangen
Herausforderung: Grundkompetenzen im Arbeitsleben mit den fachlichen Basiskompetenzen verbinden
Aufwand: Vorbereitung je nach Mediennutzung jeweils 5-30 Minuten, Durchführung je nach Umfang und Diskussion jeweils 10-30 Minuten
Thema Kommunikationskompetenz: Die Teilnehmenden bekommen kleine Kärtchen mit jeweils einzelnen themenbezogenen Informationen, die nur sie lesen dürfen. Die Kursgruppe bekommt eine gemeinsame Aufgabe, die nur gelöst werden kann, wenn alle Lernenden mit ihren einzelnen Informationen in den kommunikativen Austausch gehen.
Thema Medienkompetenz: Die Teilnehmenden bekommen die Aufgabe verschiedene Sicherheitsregeln im Betrieb in kleinen Erklärvideos zu visualisieren.
Thema soziale Kompetenz: Den Lernenden werden bestimmte Rollen in einer typischen betrieblichen Situation (z.B. Kundengespräch oder Einführung einer neuen Maschine) zugewiesen. Die Lernenden spielen die Situation nach und tauschen zwischendurch die Rollen. Im Anschluss wird das Erlebte gemeinsam besprochen.
Thema Problemlösekompetenz: Den Lernenden werden kleine Bau-, Bastel- oder Konstruktionsaufgaben gestellt. Ein normalerweise genutztes Werkzeug, Material, Zubehör wird nicht zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, das fehlende Element bestmöglich zu kompensieren und die Aufgabe (gemeinsam) zu meistern (hier ist der Einsatz von Legobausätzen, Bauklötzen oder Playmobil ebenfalls denkbar).
CC BY-SA 3.0 DE by Christina Bliss für wb-web (17.12.2025)