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wb-web auf dem Weg zu einfach guter Weiterbildung
Niemand aus unserem Team hätte sich Ende 2012 denken können, dass wir gemeinsam das erste deutsche Portal für Lehrkräfte der Weiterbildung an den Start bringen werden. Damals gab es uns ja noch nicht. Jetzt aber schon. Einige Einblicke in den Weg bis dahin gibt der folgende Beitrag.
Je nach Datenquelle arbeiten in Deutschland zwischen 400.000 und 1.000.000 Personen im Bereich Weiterbildung. Die meisten von ihnen sind als frei- oder nebenberuflich Beschäftigte aktiv und verfügen oftmals über eine hohe Expertise in den Themenbereichen, die sie lehren. Gleichzeitig verfügt nur ein kleiner Teil der Lehrenden in der Weiterbildung über eine grundlegende pädagogische Ausbildung. Das Wissen darüber, wie man Inhalte nutzerorientiert vermittelt, wie man mit Lernproblemen von Teilnehmenden umgeht, oder wie man die Interaktion in den teils sehr heterogenen Kursen der Weiterbildung strukturiert, haben sich viele Lehrende autodidaktisch angeeignet.
Sich erwachsenenpädagogische Kompetenzen informell anzueignen, muss nicht schlechter sein, als diese in formalen Kursen zu erwerben. Oft ist diese Professionalitätsentwicklung „on the fly“ sogar näher am Bedarf der täglichen Weiterbildungspraxis, als es ein akademisches Fortbildungsangebot sein könnte.
Gleichzeitig ist das Lernen aus alltäglichen Problemen aber aufwendiger für die Lehrenden und geht mit Effizienzverlusten der Weiterbildung einher. Probleme müssen in Weiterbildungsangeboten erst auftreten, bevor sich der Lehrende nachgelagert mit möglichen Lösungen auseinandersetzen kann. Dies führt zu Störungen in Kursen, die sowohl Lehrende wie Lernende aus dem Konzept bringen können. Die Weiterbildung wird so zum Hindernislauf für beide Seiten, während die Vermittlung von Inhalten und Klärung von Fragen auf der Strecke bleiben. Noch gravierender sind jene Probleme – bezüglich der Vermittlungsmethoden des Lehrenden sowie bezüglich des Lernverhaltens der Teilnehmenden – die nicht virulent werden. Sie führen dazu, dass die Zeit, die Lehrende und Lernende zusammen verbringen, nicht optimal genutzt wird.
Eine einfache Lösung – ein Informations- und Vernetzungsportal für Lehrkräfte der Weiterbildung
Wie aber kann den Lehrenden dabei geholfen werden „einfach gute Weiterbildung“ zu machen? Genau diese Frage war der Ausgangspunkt von wb-web. Noch bevor es das Projekt an sich gab, haben wir die Frage einer ganzen Reihe von Expertinnen und Experten gestellt und immer eine ähnliche Antwort erhalten: Erwachsenenpädagogisches Wissen müsste in praxisnaher und fachlich fundierter Form für Lehrende leicht verfügbar sein. Idealerweise sollte es dazu eine Möglichkeit geben, sich auszutauschen – über praktische Probleme ebenso wie über praktische Innovationen. Ganz hervorragend wäre es darüber hinaus, wenn es eine Möglichkeit gäbe, dieses pädagogisches Wissen und die dazugehörigen pädagogischen Kompetenzen dann anerkennen zu lassen – beispielsweise durch ein renommiertes Zertifikat.
An diesem Punkt beginnt die Geschichte von wb-web – das als offenes Informations- und Vernetzungsportal für Lehrkräfte der Weiterbildung starten wird und – wenn die Nutzerinnen und Nutzer sich ein solches Angebot in Zukunft wünschen – zum Lernportal und später auch zur Anlaufstelle für die Zertifizierung erwachsenenpädagogischer Kompetenzen werden soll.
Zwei passende Partner – das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung und die Bertelsmann Stiftung
Initiiert wurde das Projekt wb-web in der aktuellen Form Mitte 2013 von der Bertelsmann Stiftung (BST) und dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE). Im DIE gab es zum Zeitpunkt des Projekts schon länger Überlegungen, ein Portal zur Professionalitätsentwicklung aufzusetzen. Aufseiten der Stiftung wurde parallel dazu im Projektkontext „Weiterbildung für alle“ ein sehr ähnliches Konzept entwickelt. Beim ersten Treffen beider Seiten bildete so das Erstaunen über die Gemeinsamkeiten der zwei unabhängig voneinander entwickelten Ideen einen ersten positiven Auftakt. Für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts wurden Sabine Schöb von der Universität Tübingen und Matthias Rohs von der Universität Kaiserslautern ins Boot geholt. Beide unterstützen uns bis heute tatkräftig. Die Projektleitung haben Regina Kahle (DIE) sowie Monika Fischer (BST) inne. Seit Anfang 2015 ist zudem das vierköpfige Redaktionsteam vollständig. Unterstützung erhält das Kernteam u.a von Nadine Pollmeier und Björn Brockschmidt (beide Bertelsmann Stiftung). Mit ihren vielfältigen beruflichen Hintergründen und Praxiserfahrungen – insbesondere aus dem Bereich der Weiterbildung – sichern die Kolleginnen und Kollegen für die Praxisnähe von wb-web. Die technische Realisierung des Portals wird – in enger Abstimmung mit der Redaktion sowie anhand des kontinuierlichen Feedbacks der Zielgruppe seit Anfang 2014 von der Firma Itao betreut.
Ein langer Weg – wer Nutzerorientierung ernst nimmt, darf nicht an starren Konzepten festhalten
Abgesehen von den Zielen, die Qualität der Weiterbildung zu verbessern und so den Lernerfolg von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu steigern, war zu Beginn des Projekts wb-web nur eine weitere Leitlinie richtungsweisend: Die kontinuierliche Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer in den Entwicklungsprozess des Portals. Niemand weiß besser über den eigenen Bedarf an Angeboten zur Professionalitätsentwicklung Bescheid und niemand kann detaillierter die Anforderungen beschreiben, die ein Angebot wie wb-web erfüllen muss, als die späteren Nutzerinnen und Nutzer. Daher war es von Anfang an unser Bestreben, sie bei allen relevanten Entwicklungsschritten von wb-web einzubinden. Auch die Partnerschaft mit dem DIE spielt dabei eine Rolle, da das DIE seit vielen Jahren eine Schnittstelle zwischen Praxis und Wissenschaft der Erwachsenen-/Weiterbildung darstellt.
Den Auftakt der Nutzereinbindung bildete eine quasi repräsentative Umfrage mit über 1.300 Teilnehmenden sowie mehrere Fokusgruppen, in denen der aktuelle Entwicklungsstand diskutiert wurde. In beiden Fällen stieß unsere Idee, „ein Kochbuch für gute Weiterbildung“ zu entwickeln, auf große Zustimmung. Viele Nutzerinnen und Nutzer würden dieses gerne um ein erwachsenenpädagogisches Notfallset erweitert sehen, das Hilfe bietet, wenn man nur eine begrenzte Anzahl methodischer Zutaten hat und trotzdem einen hervorragenden Kurs anbieten möchte.
Die zentralen Themen, die unser Angebot aufgreifen soll, zeigte die Umfrage auf. Dieser zufolge wünschen sich Lehrende der Weiterbildung folgende Inhalte:
- Wissen über Lehr-/Lernmethoden und Lehr-/Lernkonzepte,
- Wissen über Kommunikation und Interaktion mit den Lernenden,
- Wissen über Lernprozesse und Lernbarrieren von Lernenden,
- Fallbeispiele zur praktischen Durchführung von Weiterbildungsangeboten,
- Erfahrungen von Lehrenden mit didaktischen Werkzeugen oder Konzepten,
- Handlungsanleitungen und Checklisten für die Praxis,
- News und Links zur Weiterbildung.
Ein besonders heißes Thema war in der Umfrage der Wunsch nach Informationen zum Einsatz frei verfügbarer Materialien in der Erwachsenen-/Weiterbildung (Open Educational Resources). Mit Blick auf den hohen Aufwand, den die Erstellung und Pflege von Unterrichtsmaterialien für viele Lehrende bedeutet, verwundert dies nicht. Zum initialen Launch des Portals werden wir dieses Thema zwar noch nicht vollständig abdecken können, aber es steht auf oberster Stelle unserer To-do-Liste und wird zukünftig einen wichtigen Teil von wb-web bilden.
Neben der Umfrage waren insbesondere die Fokusgruppen für das Projektteam hilfreich. Auch wenn in einigen Fällen unsere Konzepte sprichwörtlich „zerissen“ wurden, so hat uns jeder Termin wichtige Impulse für die weitere technische und inhaltliche Ausgestaltung von wb-web geliefert. Vor allem in das Feintuning der späteren Seitennavigation – welche die Struktur der Inhalte von wb-web widerspiegelt – floss viel Arbeit. Einiges an Arbeit erwartet uns noch, wenn wir ab Mai 2015 in das Feintuning der Community-Elemente auf wb-web gehen werden und Ideen für die Einbindung von Videos auf wb-web entwickeln werden. Auf das konstruktive Feedback unserer Nutzerinnen und Nutzer freuen wir uns.
Hervorragende Aussichten – wb-web als Impulsgeber für alle, die einfach gute Weiterbildung machen wollen
Aus der Perspektive des Projektmanagements fragen ich – und meine Kollegin Regina Kahle – uns natürlich immer wieder, wie wir den Erfolg von wb-web sicherstellen können. Zum einen stellt die vorgesehene Unterstützung des Portals durch das DIE bis 2020 einen Rahmen bereit, der langfristige Planungen ermöglicht. Zum anderen bestärken uns vielfältige positive Rückmeldungen aus der Weiterbildungscommunity in der Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Ein zentrales Element für den Erfolg von wb-web ist zudem die konsequente Nutzerorientierung aller technischen und inhaltlichen Entwicklungsschritte. Diese werden wir in Zukunft beibehalten und freuen uns dabei über alle Personen aus dem Feld der Weiterbildung, die sich am Entwicklungsprozess beteiligen wollen.
Ein weiteres wichtiges Element ist die Offenheit aller Inhalte von wb-web. Wir können es selbst kaum glauben, aber alle Inhalte von wb-web werden unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht werden. Das heißt, dass unsere Zielgruppe die Inhalte des Portals nicht nur passiv kommentieren darf, sondern eingeladen ist, aktiv an ihnen mitzuarbeiten. Mehr noch, durch die offene Lizensierung bieten wir allen Interessierten die Möglichkeit, Inhalte von wb-web zu revidieren, zu remixen und über verschiedenste Kanäle – auch durch Übersetzungen in andere Sprachen – weiterzuverbreiten. Auf die Ergebnisse dieses, europaweit für den Bereich der Weiterbildung einzigartigen, Ansatzes unseres Portals sind wir wirklich gespannt. Wir glauben aber, dass unser Experiment sich für uns ebenso wie für die Weiterbildungs-Community lohnen wird.
Auch die Inhalte von wb-web werden nah am Bedarf der Praxis orientiert sein. Für den Start des Portals bereiten wir gerade zwei Contentpakete zum Thema „Digitalisierung in der Weiterbildung“ und „Weiterbildung für bildungsbenachteiligte Zielgruppen“ vor. Welche weiteren Schwerpunktthemen auf wb-web vorgestellt werden, werden wir in enger Abstimmung mit der Praxis ausloten. Mitreden – und besser noch mitmachen – ist dabei der Kern der Einladung, die wir an Verbände, Institutionen und alle interessierten Einzelpersonen aussprechen wollen. Wann und wo es etwas mitzureden gibt, kann man dabei über diesen Blog erfahren.