Angelika Gundermann Blog
Leadership statt Steuerung?
Organisationen der Erwachsenenbildung in der digitalen Transformation
Den Grad der Digitalisierung in Bildungseinrichtungen messbar machen will das „Maturity Model of Technology Adoption in Educational Organizations“ (MMOE) (vgl. Ifenthaler & Egloffstein, 2020). Management und Mitarbeitende sollen sich anhand des Modells selbst einen Eindruck davon verschaffen können, wie es um die Entwicklung der Digitalität in ihrer Einrichtung steht. Interessant: Das Modell fragt insbesondere nach Aspekten der Organisationskultur; Offenheit bei den Themen ‚Digitale Technologie‘, ‚Veränderung‘ und ‚Kommunikation‘ sind hier ebenso kennzeichnend für einen fortgeschrittenen Status der digitalen Transformation wie die ‚wechselseitige Unterstützung‘ oder ein ‚demokratischer Führungsstil‘.
Der Grad der Digitalisierung in der rein fiktiven Mehrwissen AG bleibt Spekulation. Kursleiter Michael H. hat einen rein subjektiven Vergleich mit der StatusQuo GmbH gezogen. Umfassende, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu vielen Facetten der eingangs formulierten Fragen fehlen dagegen noch. Für die Einrichtungen ist das ein Problem, denn sie müssen derzeit auf Sicht fahren.
Letztendlich heißt das noch mehr Verantwortung für Leitende und hauptamtliche Mitarbeitende, denn es ist unter diesen Umständen nicht nur Steuerung, sondern vor allem auch Führung gefragt. Die Corona-Jahre werden an den Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung nicht spurlos vorbei gehen; hier müssten neue Forschungsvorhaben Daten und Erkenntnisse liefern. Gerade nach den Corona-Erfahrungen ist eine genaue Analyse von Markt und Zielgruppen unabdingbar für das Marketing, aber auch für die konkrete Gestaltung der Lernangebote – wie stark und nachhaltig die Lerngewohnheiten von Erwachsenen digitaler geworden sind, bleibt so lange eine offene Frage. Soll es im eigenen Haus digitaler als vorher weitergehen, muss eine Strategie her, die alle Bereiche der Organisation auf den Prüfstand stellt. Sinnvoll ist auch, über die eigene Einrichtung hinaus zu schauen und Partner zu suchen, um diese Aufgabe gemeinsam zu stemmen. Die Weichen für die digitale Transformation stellen letztlich die Führungskräfte, sie müssen aber tatsächlich „jeden mitnehmen“, damit diese gelingt. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Herausforderungen, vielmehr muss das Miteinander in der Organisation gestärkt werden.
Quellen:
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Leseempfehlung:
Koschorreck, J. & Gundermann, A. (2021). Die Bedeutung der Digitalisierung für das Management von Weiterbildungsorganisationen. In A. Wilmers, M. Achenbach & C. Keller (Hrsg.), Bildung im digitalen Wandel. Organisationsentwicklung in Bildungseinrichtungen (S. 161–192). Münster: Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830994558.06
CC BY-SA 3.0 DE by Angelika Gundermann & Jan Koschorreck (01.08.2022), letztmalig geprüft am 07.03.2024
Digitalisierung in der Erwachsenenbildung
Mit Smartphone, Tablet und Laptop bringen Teilnehmende heute ganz selbstverständlich ihre eigenen digitalen Geräte mit in Kurse und Trainings, Workshops und Vorträge – unabhängig vom Thema. Für Erwachsenenbildung und Weiterbildung bieten sich damit neue Chancen für das Lernen, das abwechslungsreicher, individueller und kreativer gestaltet werden kann. Auch die Lehrenden können von digitalen Medien profitieren, wenn sie um die neuen Möglichkeiten wissen und professionelle Vernetzungsangebote kennen.