Angelika Gundermann Forschung quergelesen
Digitale Transformation in der Organisation
Abbildung 2 gibt wieder, wie sich die Befragten selbst einschätzten:
Bei den Ergebnissen zu den Lehrenden ist interessant: Eine angenommene negative Korrelation des Alters mit computerbezogenen Einstellungen fanden die Wissenschaftler*innen nicht bestätigt. Vielmehr gab es in der Altersgruppe der 31-40jährigen die größten Vorbehalte zum Computereinsatz.
Wie schätze ich die Studie ein?
Im Gegensatz zu vielen Studien zur Digitalisierung in Organisationen der Erwachsenenbildung (vgl. hierzu auch Koschorreck & Gundermann, 2021, S. 187) wurden hier nicht nur Leitende, sondern Mitarbeitende auf allen Ebenen und aus allen Tätigkeitsfeldern befragt. Da die digitale Transformation die Entwicklung der gesamten Bildungsorganisation erfasst, ist dies überaus sinnvoll.
Interessant ist, dass einige Aussagen, die in den Interviews getroffen wurden, den Befunden aus der Dokumentenanalyse und der Online-Befragung widersprechen (Neumann, Hoffmann & Baumgarten, 2018, S. 47).
- So geben die Geschäftsleitungen zur Digitalisierungsstrategie in der Online-Befragung an, sie sei vorhanden, in den Interviews hingegen verneinen zwei dies; bei der Dokumentenanalyse fanden die Forschenden nur in einer Einrichtung ein entsprechendes Dokument (ebda., S. 47).
- Die mittlere Führungsebene bemängelt in den Interviews, dass es zu wenig Ressourcen für die Umsetzung der Digitalisierungsziele gibt, in der Umfrage hingegen scheinen die Ressourcen ausreichend; faktisch ist aber z.B. die Internetgeschwindigkeit sehr niedrig (ebda., S. 48).
- Widersprüchlich ist auch die Einschätzung zum aktuellen Einsatz digitaler Medien und den selbst beurteilten Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien (ebda., S. 50). Bei letzterem wurden in den Bereichen Medienpädagogik, Urheberrecht und Mediennutzung Defizite wahrgenommen.
Eine wichtige Erkenntnis ist das divergente Meinungsbild zur Digitalisierung in den verschiedenen Gruppen: Die positive Einstellung ist bei der Führung am höchsten, gefolgt von der Gruppe der mittleren Führung. Am Ende der Skala bewegen sich die Dozent*innen.
Insgesamt ist die Studie ein interessanter Beitrag zum heterogenen Bildungsbereich. Sie betrachtet allerdings nur eine sehr kleine Auswahl an Einrichtungen, worauf die Forschenden selbst auch hinweisen, in einem ganz bestimmten Teilfeld der Weiterbildung.
Für die praktische Umsetzung von Erkenntnissen aus der Studie bieten die zusätzlichen Veröffentlichungen des Projekts eine gute Grundlage. Das Transferkonzept liefert Geschäftsführungen, Standortverantwortliche, Personalentwickler in Bildungseinrichtungen fünf konkrete Schritte, wie die Gestaltung und Implementierung eines Medienbildungskonzeptes geplant, organisiert und umgesetzt wird. Ebenfalls an die Geschäftsführung und die mittlere Führungsebene richtet sich das Weiterbildungskonzept. Zielgruppe für die vorgestellten Angebote und Maßnahmen sind die Lehrenden an den Bildungseinrichtungen. Ergänzend dazu lohnt sich ein Blick in das im Projekt erarbeitete Kompetenzmodell und in das Gesamtmedienbildungskonzept.
Ergänzend zu der hier vorgestellten Studie sei ein Blick in eine Untersuchung zum Stand der Digitalisierung in Einrichtungen der gemeinwohlorientierten Erwachsenenbildung empfohlen: Engels und Egloffstein trugen 2020 Daten aus 42 Einrichtungen der katholischen Erwachsenen- und Familienbildung in Nordrhein-Westfalen zusammen und werteten sie aus. Wenn auch beide Studien nicht repräsentativ sind, so lässt sich doch eine – übereinstimmende - Tendenz ablesen.
Wo finde ich den Originaltext zum Nachlesen?
Im Projekt ist eine Vielzahl von Publikationen entstanden. Der Forschungsbericht (Neumann, Hoffmann & Baumgarten, 2018) wurde an der TU Dresden veröffentlicht. Ein Buchbeitrag zum Projekt (Hoffmann, Neumann, 2019) liegt vor im Sammelband „Teilhabe in der digitalen Bildungswelt“ (Hafer, Mauch, Schumann, 2019). Auf den Websites der Projektbeteiligten finden sich zudem weitere Projektprodukte:
Infos zum Projekt Digitale Transformationsprozesse in Einrichtungen der Beruflichen Bildung – Digital für Alle (tu-dresden.de)
Change Maker – zbb – Zentralstelle für Berufsbildung im Handel e.V
Transferkonzept
Handlungsleitfaden_zur_Verankerung_von_Medienbildung.pdf (zbb.de)
Weiterbildungskonzept
Weiterbildungskonzept_gesamt.pdf (zbb.de)
Kompetenzmodell
Kompetenzmodell_VOM_Handel_final.pdf (zbb.de)
Gesamtmedienbildungskonzept
Gesamtmedienbildungskonzept.pdf (zbb.de)
Buchbeitrag zur Studie:
Hoffmann, L., Neumann, J. (2019). Die „digitale“ Realität in Bildungseinrichtungen des Handels. Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt VOM_Handel. In J. Hafer, M. Mauch, M., Schumann (Hrsg.), Teilhabe in der digitalen Bildungswelt. S. 66-77. Münster, New York: Waxmann.
Forschungsbericht:
Neumann, J., Hoffmann, L. & Baumgarten, K. (2018). Digitalisierung in Bildungseinrichtungen des Handels. Fallstudien als IST-Stands-Analyse im BMBF-Verbundprojekt VOM_Handel. Technische Universität Dresden. https://tud.qucosa.de/api/qucosa%3A32283/attachment/ATT-0/
Literaturhinweise
Engels, M., Egloffstein, M. (2021). Digitale Transformation von Bildungsorganisationen: Perspektiven der gemeinwohlorientierten Erwachsenenbildung. In C. Bernhard-Skala, R. Bolten-Bühler, J. Koller, M. Rohs, J. Wahl (Hrsg.), Erwachsenenpädagogische Digitalisierungsforschung. Impulse - Befunde – Perspektiven. S. 283-303. Bielefeld: wbv-media.html" class="glossary-link">wbv Media. DOI: 10.3278/6004789w Erwachsenenpädagogische Digitalisierungsforschung - Impulse - Befunde - Perspektiven (wbv.de)
Koschorreck, J., Gundermann, A. (2021). Die Bedeutung der Digitalisierung für das Management von Weiterbildungsorganisationen. In A. Wilmers, M. Achenbach, C. Keller (Hrsg.), Bildung im digitalen Wandel. Organisationsentwicklung in Bildungseinrichtungen, S. 161-192. Münster, New York: Waxmann. doi:10.31244/9783830994558.06
CC BY SA 3.0 DE by Angelika Gundermann für wb-web (27.06.2022), letztmalig geprüft am 07.03.2024