Susanne Witt News

Bilanz und Perspektiven der Grundbildung zum Ende der AlphaDekade

Cover der Zeitschrift Hessische Blätter für Volksbildung Heft 1 im Jahr 2025

In der aktuellen Ausgabe der „Hessischen Blätter für Volksbildung“ (4/2025) besprechen die Autor*innen die in der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung erbrachten Ergebnisse und den Fortschritt. Darauf aufbauend werfen sie den Blick in die Zukunft: Wie geht es nach dem Auslaufen der AlphaDekade mit der Grundbildung in Deutschland weiter?

Ziel der AlphaDekade 2016-2026 war es, die Zahl der gering literalisierten Menschen in Deutschland zu senken. In einer Vielzahl von Projekten wurden Methoden entwickelt, die arbeits- und lebensweltorientierte Grundbildung niedrigschwellig, am Arbeitsplatz oder im sozialen Umfeld etablierten (vgl. Dust et al, 2025, S. 5). Viele der Produkte stehen nachhaltig und frei verfügbar, oft unter einer offenen Lizenz als Open Educational Resource, in der Produktdatenbank Alphabetisierung und Grundbildung (PAG) zur Verfügung.

Das aktuelle Heft ist in zwei Abschnitte gegliedert: die AlphaDekade aus der Perspektive der Akteur*innen aus Bildungspolitik und Erwachsenenbildung sowie im zweiten Teil Beiträge von Lehrenden mit dem Fokus auf Digitalisierung, Professionalisierung sowie gesellschaftspolitischen Veränderungen wie dem Rechtsruck.

Inhalt

Roland Peter eröffnet das Heft mit einer Einschätzung aus Länder-Perspektive: „Die AlphaDekade von Bund und Ländern 2016-2026 – eine erste Bilanz aus Ländersicht“. Drei Ereignisse bzw. Entwicklungen nahmen auf die LEO-Studien aufbauende Initiative Einfluss: der Digitalisierungsschub aufgrund der COVID-19-Pandemie, die Migrationsbewegung im Jahr 2015 sowie die inhaltlich breitere Aufstellung der Grundbildung. Auf Länderebene konnte mit den gegründeten Grundbildungszentren eine dauerhafte Infrastruktur für lebensweltliche Grundbildungsangebote aufgebaut werden, deren Finanzierung zukünftig sicherzustellen ist.

Gundula Frieling sieht aus Sicht des Deutschen Volkshochschul-Verbandes in ihrem Beitrag „Die AlphaDekade: erste Erfolge und langfristige Erfordernisse“ noch weiteren Handlungsbedarf bei der Entwicklung digitaler Angebote, Zielgruppenarbeit und der Verstetigung der Strukturen. Als weitere zukünftige Aufgabe benennt die Autorin die Vermittlung der Future Skills.

Michael Thiel und Gabi Netz berichten im Beitrag „Lernwege vernetzen: Das vhs-Lernportal, Pfadgeber für die Grundbildung in Deutschland“ über das Lernportal als niedrigschwelliges Angebot für Lernende insbesondere in der Grundbildung. Es ermöglicht eigenständiges Arbeiten und die Integration in Kurse. KI eröffnet dem Portal neue Möglichkeiten wie die Gestaltung moderner Lernzentren.

Martin Dust und Oksana Janzen sehen in ihrem Beitrag „Regionale Grundbildungszentren Niedersachsen (2012-2025): Bilanz und Ausblick“ Potenzial für die Teilnehmendengewinnung unter gering literalisierten Erwachsenen. Die zehn regionalen Grundbildungszentren in Niedersachsen zeigen vorbildlich, wie das Thema Grundbildung und hierzu Angebote öffentlich und zugänglich gemacht wurden. Neben Lesen und Schreiben können Lernende hier digitale, finanzielle, gesundheitliche und politische Kompetenzen verbessern. Des Weiteren verweisen Dust und Janzen in ihrem Beitrag auf die Herausforderungen der dauerhaften Finanzierung sowie die Erreichbarkeit der Zielgruppen.

Dust und Janzen zeigen in ihrem zweiten Beitrag „Der Lernerrat Niedersachsen – Mitwirkung von Lernenden in der Grundbildung stärken“ Mitwirkungsmöglichkeiten von Lernenden bei Konzeptentwicklungen und bildungspolitischen Entscheidungen bzgl. Themen der Alphabetisierung und Grundbildung auf. Der Lernerrat entstand aus Selbsthilfegruppen. Er engagiert sich als vermittelndes Sprachrohr für Lernende.

Mit ihrem den ersten Teil abschließenden Beitrag „Grundbildung ist kein Projekt! Perspektiven zum Ende der AlphaDekade 2026“ fordert Elisabeth Vanderheiden dauerhafte finanzielle wie personell abgesicherte Strukturen für die Arbeit in der Alphabetisierung und Grundbildung. Sie kritisiert hierbei die projektbezogene Förderung, die überwiegend arbeitsmarktpolitische Ziele verfolgt. Der Abschluss der AlphaDekade sollte in eine nachhaltige Grundbildungsstrategie münden.

Den zweiten Teil des Hefts eröffnet Antje Pabst mit ihrem Beitrag „Empowerment in der Alphabetisierung und Grundbildung – Mündigkeit und Emanzipation ermöglichen“. Er zeichnet die Entwicklung der Alphabetisierung und Grundbildung der letzten fünfzig Jahre nach von den Anfängen hin zu nationalen und internationalen Initiativen mit den Schwerpunkten Professionalisierung, neue Lernkonzepte und eine breite Angebotsstruktur. Auch Pabst richtet die Aufmerksamkeit schlussendlich auf die existentielle öffentliche Finanzierungsgrundlage zur Sicherung von Mündigkeit und Emanzipation Lernender.

Friedrich Wolf und Johannes Bonnes besprechen in ihrem Beitrag „KI in der Alphabetisierung und Grundbildung – Eine Ermöglichungstechnologie“ Chancen und Möglichkeiten vom Einsatz neuester Technologien wie KI in der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit. Die Autoren stellen verschiedene KI-gestützte Anwendungsszenarien vor, um mit individuellen Konzepten angepasst an die Bedürfnisse von gering literalisierten Menschen deren Teilhabechancen zu erhöhen. Hieraus erwachsen neue Medienkompetenzen auf Seiten der Lernbegleitenden.

Ewelina Manias Beitrag „Zuständigkeiten in der Alphabetisierung und Grundbildung: Rahmenbedingungen für Programmplanung und Teilnehmendengewinnung“ adressiert die professionellen Lernbegleitenden. Sie beschreibt die vielfältigen Aufgaben von der Beratung bis hin zur Entwicklung innovativer Angebote. Auf Basis ihrer Analyse der VHS-Statistik und von Homepages kommt Mania zu dem Ergebnis, dass Alphabetisierung und Grundbildung selten als eigenständiger Programmbereich ausgewiesen werden, sondern häufig in anderen Programmbereichen verknüpft werden. Die Autorin sieht weiteren Forschungsbedarf bei den Rahmenbedingungen für die Professionalisierung der Alphabetisierung und Grundbildung mit dem Ziel, mehr Teilnehmende zu gewinnen und die Qualitätsentwicklung zu fördern.

In einem Verbundprojekt zu Literalität und Diskriminierung wird untersucht, wie der globale Rechtsruck sich auf die Alphabetisierung und Grundbildung auswirkt. Vor diesem Hintergrund richten Anke Grotlüschen, Carla Bohndick, Isabell Kempf, Claudia Kulmus und Tanja Sturm mit ihrem Beitrag „Under Pressure: Literalität im Rechtsruck“ den Fokus auf gesellschaftspolitische Entwicklungen, welche auch in die Bildung und deren Teilbereiche wie Alphabetisierung und Grundbildung hineinwirken. So werden sowohl Akteur*innen und Einrichtungen als auch gering literalisierte Erwachsene angegriffen.

Caroline Dietz und Martin Reuter zeigen in ihrem Beitrag „Ressourcen & Barrieren der Teilhabe am Zweiten Bildungsweg im Kontext von Grundbildung“. Der Zweite Bildungsweg bietet nach Ansicht der Autor*innen die Chance zum Erwerb Grundbildungskompetenzen und damit gesellschaftliche Teilhabe, persönliche Entwicklung und demokratische Mitwirkung des Einzelnen zu ermöglichen. Die Autor*innen sehen es als Aufgabe, die Grundbildung als Bildungsangebot auch im Zweiten Bildungsweg dauerhaft und inklusiv zu institutionalisieren.

Die Hessischen Blätter für Volksbildung (HBV) stehen online im Open Access bei wbv Publikation kostenfrei zum Download zur Verfügung. Die Ausgabe ist unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht.

Quellen:

Hessischer Volkshochschulverband e.V. (Hrsg.) (2025). Hessische Blätter für Volksbildung 1/2025. wbv Publikation. https://dx.doi.org/10.3278/HBV2501W

Dust, M.; Egloff, B. & Unruh, B. (2025) Editorial. In. Hessischer Volkshochschulverband e.V. (Hrsg.). Hessische Blätter für Volksbildung 1/2025. wbv Publikation. https://dx.doi.org/10.3278/HBV2501W


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