Handlungsanleitung

Lebensgeschichte aufschreiben

Was war, was bleibt? Was möchte man mitteilen und für die Nachfahren zugänglich bewahren? Wer eine eigene Biografie schreiben möchte, setzt sich mit der eigenen Lebensgeschichte auseinander. Der Blick zurück ermöglicht eine Einordnung der Vergangenheit und der Gegenwart, er eröffnet neue Perspektiven für zukünftige Ziele. Die Handlungsanleitung richtet sich an Lehrende für den Einsatz in der Erwachsenen-/Seniorenbildung bzw. Biografiearbeit.

Zunehmend beschäftigen sich Personen mit der Aufarbeitung ihrer eigenen Lebensgeschichte: Wie bin ich zu dem geworden, der/die ich heute bin? Was sind die Meilensteine in meinem Leben, die prägend waren? Der Wunsch nach einer eigenen verschriftlichen Biografie nimmt zu. In der Biografiearbeit steht das Verstehen des Zusammenhangs „Gestern-Heute-Morgen“ im Fokus. Der eigene Lebensweg wird zurückverfolgt, eine Selbstpositionierung im Jetzt neu justiert und darauf aufbauend neue Ziele für die Zukunft festgelegt.

Bevor man mit dem Schreiben anfängt, sollten folgende Parameter festgelegt werden:

  • Welchen thematischen Schwerpunkt soll die eigene Biografie haben?
  • Welches Ziel verfolgt der Autor mit der Publikation? Welche Botschaft soll sie vermitteln?
  • Für welche Zielgruppe schreibt man seine Lebensgeschichte auf?
  • Soll die Biografie privat bleiben oder veröffentlicht werden, wenn ja, wie?

Welche Quellen bieten sich an?

Für die eigene Biografiearbeit kann man Dokumente wie z.B. Urkunden und Zeugnisse, Fotos oder auch Zeitungsausschnitte verwenden. Darüber hinaus können mit verschiedenen Personen aus dem Kreis der Familie und Bekannten Interviews geführt werden. Stadtarchive und Bibliotheken bieten zu einzelnen Stationen Hintergrundinformationen, die die Lebensgeschichte in einen zeitlichen Kontext stellen. Als Lehrender können Sie mit Teilnehmenden Gespräche zu Gegenständen und Dokumenten führen, um persönliche Erfahrungen wieder in die Erinnerung zu rufen.

Soll die Biografie online veröffentlicht werden, können auch multimediale Medien wie z.B. Videos oder Audios ergänzend verlinkt werden.

Vorschläge für Leitfragen:

  • Welche Menschen haben mich geprägt?
  • Welche Ereignisse waren richtungsgebende Wendepunkte?
  • Mit welchen Personen durchlebte ich welche Situationen? In welcher Art, z.B. unterstützend, standen sie mir zur Seite?
  • Welche Erlebnisse waren positiv, welche negativ?
  • Welche Veränderungen wurden von außen beeinflusst, welche Entscheidungen traf ich selbst?
  • Welche meiner (Kindheits-)Träume haben sich erfüllt oder auch nicht? Welche möchte ich zukünftig mir erfüllen?
  • Welche Ziele – beruflich und privat – haben sich erfüllt oder auch nicht? Welche Ziele stecke ich mir für die Zukunft?
  • Was ist mir heute wichtig? Was wünsche ich mir für die Zukunft? (vgl. Haftmann, 2021)

Zeitleiste mit Meilensteinen

Beginnend von der Geburt an werden alle wichtigen Ereignisse in einer Zeitleiste dokumentiert und geordnet. Anekdoten zu einzelnen Ereignissen können niedergeschrieben werden. Einzelne Lebensabschnitte können als Kapitel unterteilt werden. Die Zeitleiste gibt der späteren Biografie eine Grundstruktur.

Wichtige Ereignisse können farbig markiert und zusätzlich in einer Checkliste aufgeschrieben werden. Hierzu zählen prägende Ereignisse, berufliche sowie private Wendepunkte, wichtige Menschen, Krisen (z.B. gesundheitliche), wiederkehrende Fragen und eine geschichtliche Einordnung wie Zeitgeist oder politische Ereignisse.

Haupt- und Nebenrollen

Die Personen werden vorab mit ihren Funktionen und nach ihrer „Wichtigkeit“ für die Biografie sowie nach ihrem zeitlichen Erscheinen in die Zeitleiste eingearbeitet. In einer Biografie gibt es Hauptrollen, um die es zentral geht, sowie Nebenrollen, die in Abschnitten auf- und abtreten und nur für einen kleinen Zeitraum auf die Lebensgeschichte einwirken.

Zur besseren Übersicht für Leser*innen eignen sich Tabellen und für Familienmitglieder Stammbäume. Bei Großfamilien kann man beides machen, weil man Personen in Tabellen leichter findet und mit einem entsprechenden, dort notierten Hinweis wie eine Nummerierung, im Stammbaum zuordnen bzw. finden kann.

Erzählstrang

Eine Biografie verläuft in der Regel geradlinig von der Geburt bis zum Jetzt bzw. bei fremder Autorenschaft bis zum Tod und der Wirkung der Person über seinen Tod hinaus. Die verschiedenen Lebensabschnitte wie Kindheit, Jugend, Ausbildung, Familie, Beruf bieten eine Vorlage für Kapitel an. In jedem Abschnitt erzählt der Autor/die Autorin für ihn wichtige Erlebnisse, die ggf. einen Meilenstein im Leben bilden oder in einer anderen Art und Weise für die schreibende Person eine besondere Bedeutung haben.

Man kann alternativ mit einem besonderen Ereignis anfangen und davon ausgehend seine Lebensgeschichte betrachten.

Jedes Kapitel sollte einen eigenen Spannungsbogen haben.

Erzählperspektive

Wenn man seine eigene Lebensgeschichte schreibt, bietet sich die Ich-Perspektive an. Die Zeitform, die man für den Text wählt, beeinflusst beim Lesen die Nähe zum Text. So vermitteln Text in der Gegenwartsform geschrieben oft eine größere Nähe zum Geschehen als Texte in der Vergangenheitsform. 

Vorsicht bei Schilderungen über andere Personen

Bei dem Verfassen einer Biografie schreibt man auch immer über weitere Personen. Dies berührt deren Rechte und muss bei einer Veröffentlichung berücksichtigt werden. Achten Sie darauf, dass Sie diese nicht einschränken. Dazu zählen u.a.:

  • „der Schutz der Privat-, Geheim- und Intimsphäre,
  • das Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort,
  • der Schutz gegen Entstellung und Unterschieben von Äußerungen,
  • das Recht am eigenen Bild,
  • das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und
  • das Recht der persönlichen Ehre."  (Haftmann, 2021)

 Quellen:

Feidel, M. (2019). Biografie schreiben.

Haftmann, C. (2021). Biografie schreiben und gestalten – Mit diesen Tipps gelingt’s!

 

CC BY SA 3.0 DE von Susanne Witt für wb-web (August 2022)


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