Handlungsanleitung

Der Gold-Standard für Onlinekurse als OER

Online-Kurse sind aus verschiedenen Materialarten und Werkzeugen zusammengesetzt. Das macht sie zu einem besonderen Format für OER. Wie es gelingen kann, den Gold-Standard für OER Online-Kurse zu erreichen, beschreiben Anja Lorenz, Oliver Tacke und Nele Hirsch in diesem Beitrag.

Einleitung

OER haben für Onlinekurse dreierlei Bedeutung.

  1. Sie können Beiträge zur Struktur der Kurse leisten, indem offene Materialien innerhalb des Kurses Verwendung finden und so gegebenenfalls Effizienzgewinne versprechen.
  2. Online-Kurse können als Ganzes selbst OER sein. Das erlaubt es etwa, Einzelteile von Kursen nachzunutzen oder sie als Ganzes für unterschiedliche Zielgruppen anzupassen.
  3. Ergebnisse von Online-Kursen können als OER veröffentlicht und weitergenutzt werden.

Da Onlinekurse auf verschiedene Werkzeuge und Dienste zurückgreifen können, etwa Lernmanagementsysteme, E-Mail-Verteiler,   interaktive Übungen    etc., treten technische Aspekte hier stärker in der Vordergrund als bei anderen OER.

Sind Online-Kurse offen für alle Menschen, werden sie den sog. MOOCs zugeordnet. MOOC steht für Massive Open Online Course und wird oft bei der Diskussion um OER und Online-Kurse genannt, obwohl nicht alle MOOCs frei lizenziert und damit OER sind.

Online-Kurse als OER

Die Besonderheiten bei Onlinekursen als OER

Online-Kurse beschreiben kein Dateiformat, sondern sind vielmehr aus verschiedenen Materialarten und Werkzeugen zusammengesetzt. Dabei könnte es sich beispielsweise um   Videos,   Podcasts  oder interaktiven Übungen  handeln, die ihre jeweiligen Eigenarten bezüglich freier Lizenzierung mit sich bringen.

Die für Online-Kurse nötige technische Basis, auf der Materialien und Werkzeuge bereitgestellt werden können, benötigt fast immer eine etwas tiefere Einarbeitung und ist nur selten mit einfachen Mitteln bspw. am Smartphone umsetzbar. Neben der reinen didaktischen und gestalterischen Planung müssen Aspekte wie Kommunikations-, Rollen- oder Bewertungskonzepte bedacht und administriert werden.

Das Symbolbild zeigt eine Kaffeetasse, in der mit Milchschaum der Begriff MOOC "aufgemalt" ist.

Cuppa Mooc, Foto: SBF Ryan (via Flickr), CC BY 2.0.

Bei der Zusammensetzung der einzelnen Elemente bleiben diese technisch gesehen häufig unabhängig voneinander, sodass sie leicht ausgetauscht werden können, ohne die übrigen Bestandteile des Kurses zu beeinträchtigen. Hierdurch eröffnet sich auch die Möglichkeit, Online-Kurse nicht (nur) als ganzes mit einer offenen Lizenz zu versehen, sondern auch „Mixed Licenses“ umzusetzen und einzelne Bestandteile mit abweichenden Lizenzen auszuzeichnen.

Das ideale OER für Online-Kurse

Ein Online-Kurs sollte mit all seinen Bestandteilen unter der gleichen freien Lizenz stehen. Diese Lizenz sollte leicht auffindbar und so ausgezeichnet sein, dass beispielsweise alle Rechteinhaber*innen einfach erkennbar sind.
Neben der Nachnutzung des gesamten Kurses bietet sich die Weiterverwendung einzelner Bestandteile an. Hierfür sollten diese jeweils gut nachnutzbar eingebunden und einzeln kopiert oder heruntergeladen werden können.

Auch bei weiteren inhaltlichen, gestalterischen und technischen Qualitätskriterien sind die einzelnen Bestandteile des Kurses ausschlaggebend. So müssen Aspekte wie Barrierefreiheit, gendergerechte Ansprache und die Berücksichtigung kultureller Diversität für verschiedene Medien- und Werkzeugklassen unterschiedlich adressiert werden. In der Praxis werden sich hier selten optimale Lösungen für alle Ansprüche finden lassen. Gerade die Bereitstellung unter freier Lizenz ermöglicht es aber, zusätzliche Hilfestellungen und Anpassungen zu ergänzen und vielleicht auch durch die Lernenden erweitern zu können.

Es scheint folgerichtig, dass offene Online-Kurse auch offen auffindbar und zugänglich sein sollten, ohne dass eine Registrierung nötig ist. Diese ist in der Praxis aber häufig nötig, um z.B. Lernstände zu speichern oder die Kommunikation mit anderen Teilnehmenden den einzelnen Personen zuordnen zu können.

Schließlich ergeben sich weitere Perspektiven, die sich unter dem Konzept der Open Educational Practices (OEP) beschreiben lassen: Lernende bearbeiten dabei nicht vorgegebene Lernmaterialien. Vielmehr finden sie sich in einem „Unkurs“ zusammen, in dem sie eigene Fragestellungen überlegen und gemeinsam bearbeiten können. Die Hauptaufgabe des hierfür bereitgestellten Online-Kurses besteht dann nicht in der ansprechenden Aufbereitung von Materialien und Aufgaben zur Reflexion und Lernstandssicherung, sondern vorrangig in der Bereitstellung von Werkzeugen zur Vernetzung, Kommunikation und gemeinsamen Arbeit.

Die No-Gos bei Online-Kursen

Betrachtet man die Souveränität der einzelnen Lernenden als einen wesentlichen Aspekt offener Lernangebote, sollten Online-Kurse auch so gestaltet werden, dass sich die Lernenden jederzeit frei im Kurs bewegen können. Sogenannte konditionale Freigaben, bei denen Inhalte erst bearbeitet werden können, wenn zuvor bestimmte Aufgaben gelöst oder Inhalte als bearbeitet markiert wurden, sollten daher nicht zum Einsatz kommen.

Lizenzierung

Im Idealfall würde für einen Online-Kurs einheitlich nur eine Lizenz gelten. Durch den (rechtlich erlaubten) Remix verschiedener offener Materialien lässt sich dieses Ziel aber nicht immer einhalten, da zumindest die unterschiedlichen Urheber*innen sowie die Bezugsquellen genannt werden müssen. Eine Auszeichnung der Lizenzangaben sollte daher möglichst am jeweiligen Objekt stattfinden.

Um die Nachnutzung des Online-Kurses zu ermöglichen und dabei die Angabe der korrekten Metadaten zu ermöglichen, sollten die Lizenzangaben einschließlich der   korrekten Bezeichnung der Urheber*innen leicht auffindbar und   maschinenlesbar    platziert werden. Da viele Online-Kurse zudem eine Registrierung der Teilnehmenden erfordern, werden zudem ein Impressum, eine Datenschutzerklärung und ggf. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nötig sein.

Offene und empfehlenswerte Werkzeuge für Online-Kurse

Speziell für die Organisation von Lernangeboten, – werkzeugen und -prozessen wurden Lernmanagementsysteme, kurz LMS, entwickelt. Neben der Bereitstellung von Lernmaterialien, sowie Organisations- und Kommunikationswerkzeugen kann über die Verwaltung der Lernenden und deren Berechtigungen festgelegt werden, wer auf diese Zugriff haben darf. Bekannte Open-Source-LMS sind Moodle,   Ilias  oder   OpenOLAT, wobei Moodle die größte Community bezüglich seiner Weiterentwicklung und Nutzung aufweisen kann.

Auch Webseiten lassen sich gut für die Bereitstellung von Online-Kursen nutzen. So lassen sich über WordPress, eine Open-Source-Software für Weblogs, Lernmaterialien und Arbeitsanweisungen in Beiträgen bereitstellen, Antworten und Diskussionen können in den Kommentaren erfolgt werden. Über weitere Plugins lassen sich weitere Funktionen zur Kommunikation und Vernetzung hinzufügen.

Schließlich können Online-Kurse und die damit verbundenen Lernaktivitäten auch über verschiedene Plattformen verteilt stattfinden. Lernmaterialien können bspw. via Links auf Videoplattformen, Podcasts oder wissenschaftliche Fachbeiträge bereitgestellt werden, während die Diskussion darüber in einer Messenger-Gruppe oder über einen speziellen Twitter-Hashtag möglich ist. Hierfür lässt sich auch kollaborative Web-Annotierung nutzen, wie es zum Beispiel das Tool   Hypothes.is    bietet. In diesen Fällen sollten die einzelnen Webquellen und Kommunikationskanäle auf einer zentralen Seite zusammengestellt werden.

Produktion: Erstellung & Bearbeitung

Für die Planung eines Online-Kurses wird eine zumindest grobe Anfertigung eines methodisch-didaktischen Konzepts empfohlen. Hierin werden die angestrebten Lernergebnisse, mögliche Aufgaben zu deren Überprüfung sowie dafür nötige Lerninhalte festgehalten. Darauf aufbauend entsteht ein Manuskript oder Drehbuch, das die finale Kursstruktur samt Inhalten und Aufgaben enthält. Der Umfang dieser Konzeption kann sehr unterschiedlich sein: handelt es sich um einen auch inhaltlich offenen Online-Kurs, indem Lernende gemeinsam an Projekten arbeiten, ist aufwendig produziertes Lernmaterial meist weniger gefragt. Stattdessen sollte der Schwerpunkt eines solchen Online-Kurses auf Werkzeugen zur Vernetzung, Kommunikation und gemeinsamen Arbeit liegen.

Das Symbolbild zeigt ein ziemliches Wirrwarr an Flipchartzeichnungen und Text unter der Überschrift "Planning Online Courses".

Die so geplanten Inhalte und Werkzeuge müssen dann auf der technischen Plattform bereitgestellt werden. Die Einbindung oder Verlinkung ist stark vom gewählten System und der zu integrierenden Content-Art abhängig. Die benötigten Materialien können hierbei entweder selbst produziert oder aus frei lizenzierten Quellen wiederverwendet und ggf. angepasst werden.

Zur Qualitätssicherung können mehrere Review-Schleifen eingeplant werden. Neben einem allgemeinen Lektorat bzgl. Rechtschreibung, Grammatik, konsistenter sowie geschlechtergerechter Formulierungen, sollten Online-Kurse auch hinsichtlich der Barrierefreiheit, User-Führung oder Nutzungsrechte am besten von Personen kontrolliert werden, die nicht am Erstellungsprozess beteiligt gewesen und somit diesbezüglich noch nicht „betriebsblind“ sind. Weiterhin ergeben sich oft andere Notwendigkeiten wie die korrekte Nennung von Veranstalter*innen und Förderungen, die ebenfalls vor der Veröffentlichung überprüft werden sollten.

Veröffentlichung

Um einschätzen zu können, ob sich die Teilnahme und der damit verbundene Zeiteinsatz für Interessierte selbst bei einem kostenlosen Lernangebot lohnt, sollte eine Informationsseite kurz die Lernergebnisse, -inhalte und Arbeitsformen beschreiben. Weitere wichtige Metadaten sind benötigte Vorkenntnisse sowie die Kurslaufzeit und der erwartete   Workload.

Ob eine Anmeldung für den Online-Kurs nötig ist, hängt einerseits von den konzeptionellen Erfordernissen, andererseits von der eingesetzten Plattform ab.

Um die Auffindbarkeit in den bekannten Suchmaschinen zu fördern, sollten gängige Maßnahmen zur Suchmaschinenoptimierung ergriffen werden. Speziell für OER ist eine maschinenlesbare Angabe der Lizenz nötig.

Nachnutzung

Die meisten Open-Source-Systeme ermöglichen prinzipiell den Export einer Kursdatei, über die er auch auf anderen Plattformen bereitgestellt werden kann, wenn diese auf der gleichen Software basieren. Eine Download-Option steht nur selten zur Verfügung, denn der Kurs verändert sich über die Zeit und auch der Ausschluss personenbezogenen Daten der Teilnehmenden müsste sichergestellt werden.

Es ist aber ohnehin häufig einfacher und zielführender, Online-Kurse nicht als Ganzes, sondern in ihren Einzelteilen bedarfsgerecht zu kopieren und anzupassen. Eine einfache Möglichkeit zum Download einzelner Bestandteile des Kurses erscheint daher hilfreicher.

Beispiele
Der MOOC zu den „OER-Fachexperten“ richtet sich an freiberufliche Trainerinnen und Trainer und vermittelt neben den Grundkenntnissen rund um OER auch strategische Überlegungen zum eigenen Geschäftsmodell. Die Teilnehmenden konzipieren hierfür selbst ein OER-Projekt, das sie im Laufe des MOOCs umsetzen und bezüglich ihrer eigenen Strategie reflektieren. Die Lernmaterialien sind dabei ein Remix aus eigenen Produktionen und frei lizenzierten Videos und Aufgaben. Die technologische Grundlage bietet die stark angepasste Moodle-Plattform   oncampus.de, wobei die Videos auf   YouTube gehostet werden. Interaktive Aufgaben im Kurs wurden mit dem   H5P-Plugin    umgesetzt und sind somit auch auf andere Plattformen übertragbar, die   H5P    unterstützen oder einbetten können.

Beim Unkurs „Edunauten“ wurde gemeinsam das „FAQ Online Lernen“ erstellt. Dabei erarbeiteten die Lernenden gemeinsam Fragestellungen rund um zeitgemäßes Online-Lernen und formulierten Antworten darauf. Als technische Basis kam   WordPress    mit dem   Plugin Buddypress   zum Einsatz. Die Kommunikation erfolgte über einen Mail-Verteiler. Hier wurden tägliche Updates und Anregungen zum Mitmachen verschickt. Die Lernenden konnten selbst entscheiden, unter welcher offenen Lizenz und mit welcher Namensnennung die von ihnen erstellten Arbeitsergebnisse veröffentlicht wurden.

Kollaboration bei Online-Kursen

Bei Online-Kursen ist die gemeinsame Arbeit mit mehreren Personen nicht nur möglich, je nach Umfang des Kurses wird sie sogar sehr empfohlen oder wird durch Umfang und Komplexität der vielfältigen Aufgaben nötig.

Die Erstellung der einzelnen Kursbausteine kann einerseits in verschiedene Hände gelegt werden, andererseits kann auch jedes Element meist von mehreren Personen bearbeitet werden. Umfang und Organisation ist dabei meist von der jeweiligen Elementart (z.B.   Texten,   Bildern,   Aufgaben) abhängig. Bei der Zusammenstellung des Kurses aus diesen Elementen ermöglichen die meisten Plattformen die gemeinsame oder verteilte Bearbeitung, es sollte aber eine Person geben, die die Übersicht über die Aufgaben und den Produktionsstand behält. Im laufenden Betrieb kann die Betreuung i. d. R. ebenfalls von mehreren Personen übernommen werden (bspw. für fachliche Fragen oder technischem Support).
Kollaboration ist ferner bei der Kursdurchführung unter Lernenden möglich.

Dieser Text steht unter der   CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden:   Anja Lorenz,   Oliver Tacke  und   Nele Hirsch  für OERinfo – Informationsstelle OER.

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