Buchvorstellung
Medienbildung durch Bibliotheken & Co.
Die neue Veröffentlichung der Bertelsmann Stiftung zeigt, warum Medienbildung eine tragende Säule demokratischer Kultur ist und weshalb sie systematisch in Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken verankert werden muss. Die Handreichung umfasst acht Kapitel und behandelt die gefährlichen Auswirkungen von Desinformationen, deren Erkennung sowie systematische Bekämpfung. Das 72-seitige Werk steht unter der CC-BY-SA 4.0 Lizenz und kann frei genutzt sowie in eigenen Lehrkontexten eingesetzt werden, auch abseits von Bibliotheken.
In Bibliotheken muss Stille herrschen? Die Handreichung zeigt auf, wann und warum auch Bibliotheken und ihre Teams ihre Stimmen erheben müssen (Bild: Bertelsmann Stiftung).
Was ist Desinformation?
Desinformation bezeichnet die vorsätzliche Verbreitung falscher oder irreführender Informationen, um Menschen zu täuschen oder zu beeinflussen – im Unterschied zur unbeabsichtigten Verbreitung von Fehlinformationen. Sie untergräbt die Grundlage der Demokratie, indem sie Debatten auf Faktenbasis stört, das Vertrauen in Medien und Institutionen schwächt und gesellschaftliche Spaltungen vertieft. Laut Bertelsmann Stiftung sehen 81 % der Deutschen darin eine erhebliche demokratische Bedrohung. Durch gezielte Überflutung des Informationsraums und den Einsatz emotionalisierender Narrative erzeugt sie Verunsicherung und Misstrauen. Langfristig fördert Desinformation Polarisierung, Anfälligkeit für extremistische Deutungen und den Verlust gemeinsamer Wahrheitsgrundlagen – zentrale Risiken für demokratische Stabilität. Hauptsächlich politisch motivierte Akteure verbreiten Desinformation – dazu zählen Einzelpersonen, Gruppen, Parteien und autoritäre Regime.
Desinformation mit politischer Medienbildung begegnen
Politische Medienbildung befähigt Menschen, Desinformation zu erkennen, kritisch zu reflektieren und verantwortungsbewusst zu handeln. Sie fördert Demokratiekompetenz durch das Verständnis medialer Diskurse, bewusste Meinungsbildung und das Hinterfragen diskriminierender Kommunikationsmuster. Ein zentraler Ansatz ist das Prebunking, die präventive Aufklärung über Manipulationstechniken, um dadurch die Wirkung von Desinformation frühzeitig zu mindern.
Fortbildungsmöglichkeiten und die Rolle der Bibliotheken
Die Bertelsmann Stiftung betont in ihrer Handreichung Bibliotheken als niedrigschwellige Lernorte, die Zugang zu Wissen ermöglichen und eine demokratische Bildungsverantwortung tragen. Dabei verfügen Bibliotheken über Handlungsspielräume: Öffentliche Bibliotheken haben im Rahmen ihres Bildungsauftrags und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine besondere Verantwortung. Sie müssen nicht alle Medien führen; insbesondere Inhalte mit desinformativen oder extremistischen Inhalten dürfen ausgeschlossen werden. Diese Auswahlpraxis steht im Einklang mit der Neutralität der Bibliothek, die nicht als Gleichgültigkeit zu verstehen ist, sondern als aktive Abgrenzung gegenüber menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Positionen. Bibliotheken können kontroversen Meinungen begegnen und diese kritisch einordnen. Aufgrund ihres Vertrauens genießen Bibliotheken einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und können als Anlaufstellen zur Aufklärung über Desinformation fungieren, indem sie Orientierung geben und vielfältige Perspektiven zugänglich machen. Fortbildungen zu Diversität, Inklusion und diskriminierungssensibler Medienbildung unterstützen die Teams dabei. Aber auch Kooperationen mit Netzwerken wie Faktor D, JFF und dem Deutschen Bibliotheksverband bieten wertvolle Ressourcen und Unterstützung.
Praxis: Angebote zur Aufklärung
Bibliotheken können Desinformation konkret begegnen, indem sie niedrigschwellige Bildungsangebote wie Ausstellungen, Workshops und interaktive Mitmachstationen zu häufig betroffenen Themen bereitstellen. Neben Prebunking unterstützen aktivierende Methoden wie Rollenspiele, Planspiele und das eigenständige Erstellen von Fakes das direkte Erfahren und kritische Reflektieren von Desinformationsmechanismen. Die Angebote sollten pädagogisch begleitet sein, klare Verhaltensregeln auch im digitalen Raum setzen und in Kooperation mit Fachstellen und Medienpädagog*innen umgesetzt werden.
"Handreichung: Medienbildung durch Bibliotheken " von Chris Nowacki für wb-web (2025),CC-BY-SA 4.0 DE.
Politische Erwachsenenbildung
Im Dossier Politische Erwachsenenbildung stellt wb-web in einzelnen Folgen verschiedene Aspekte der Politischen Erwachsenenbildung vor. Politische Erwachsenenbildung ist keine Überzeugungsarbeit von Lehrenden. Sie verfolgt das Ziel, das Verständnis von Demokratie und Menschenrechten zu fördern. So betont Andreas Voßkuhle, "dass es in der politischen Bildung nicht um die Pflege von Gesinnungen, sondern um die Entwicklung von politischer Urteilskraft geht: Entscheidend ist das Einüben der Unterscheidung von Fakten und Wertungen."