Erfahrungsbericht

Vom allgemeinen Thema zum anwenderorientierten Kursangebot

Das Bild zeigt eine gut gefüllte Geldbörse in einer Gesäßtasche.

Brieftasche (Bild: stevepb / pixabay.com; CC0)

Wer in der Erwachsenenbildung doziert, kennt das Problem: Es gibt reichlich theoretische Literatur zu einem Thema. Aber gerade die Theorie eignet sich wenig für ein praxis- und anwenderorientiertes Kursangebot. Sie findet allenfalls in der Einleitung ihren Platz. Doch wie lässt sich ein theoretischer Baustein so aufbereiten, dass daraus praktisch umsetzbare Handlungsanweisungen für Kursteilnehmende werden? Tatjana Wanner sprach mit Manfred Nöger, Gedächtnistrainer im Bundesverband Gedächtnistraining e.V., der weiß, wie es geht.

wb-web: Herr Nöger, Sie entwickelten im Rahmen des Projektes „MERKwürdig!!! Gedächtnistraining zur Kriminalprävention im Kreis Gütersloh“ eine Trainingsreihe zum Thema „Vorbeugung von Taschendiebstählen“. Warum? Was hat Sie daran besonders gereizt?

 Manfred Nöger: Als ausgebildeter, erfahrener Gedächtnistrainer, der sich zwei bis drei Mal pro Jahr darin weiterbildet, bin ich besonders vertraut mit Theorie und Praxis. Es ist doch so, dass wir unser ganzes Leben im Gehirn haben. Wir vergessen die Dinge nicht, sondern wir finden sie nur manchmal nicht gleich wieder. Überträgt man diese Erkenntnis auf den Alltag, bedeutet das: Wir können unser Gehirn trainieren. Das Training hilft dabei, uns Dinge mittels bestimmter Techniken zu merken, Handlungsabläufe einzuüben und bei Bedarf wieder abzurufen.

Genau das ist für Senioren, die zum Beispiel von den zunehmenden Taschendiebstählen betroffen sind, hilfreich. Ihnen fällt es unter Umständen schwer, Verhaltensempfehlungen der Polizei im Gedächtnis zu verankern. Das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, sinkt jedoch nur dann, wenn die polizeilichen Empfehlungen befolgt werden. Genau hier wollte ich, zusammen mit Bettina Buschgerd, Gedächtnistrainerin beim DRK-Kreisverband Gütersloh und Kriminaloberkommissar Marco Hein von der Kriminalprävention bei der Kreispolizeibehörde Gütersloh, mit dem zwei- bis vierstündigen Trainingsangebot ansetzen.

  

wb-web: Wie sind Sie bei der Entwicklung dieser Reihe vorgegangen?

 Manfred Nöger: Zunächst ging es darum, in der Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kriminalprävention empfehlenswerte Verhaltensweisen festzulegen. In einem nächsten Schritt haben wir uns dann Gedanken darüber gemacht, wie sich Gedächtnistrainings-Einheiten mit Rollenspielen kombinieren lassen, die typische Szenen widerspiegeln, in denen Taschendiebstahl stattfinden kann, wie der Einkauf im Supermarkt, ein Cafébesuch oder das Geldwechseln auf der Straße.

  

wb-web: Welche Trainingstechniken haben Sie adaptiert?

 Manfred Nöger: Dem Rollenspiel „Einkauf im Supermarkt“ geht beispielsweise eine Gedächtnistrainings-Übung für den Einkaufszettel voraus. Hierfür eignen sich unterschiedliche Techniken, wie die Körperliste, die Kategorisierung nach Lebensmittelabteilung oder Buchstabenwürfeln. In einer anderen Trainingseinheit vermitteln wir eine Gedächtnisstrategie zum Erinnern der PIN-Nummer. Hierfür nutzen wir die Zahlen-Bild-Geschichtentechnik.

Das zeigt: Im Prinzip ist das alles kein Hexenwerk. Die zentralen Elemente und Techniken des Gedächtnistrainings, die vor allem auch immer alle Sinne ansprechen müssen, sind die Grundlage des Ganzen. Dann geht es in die Anwendung. In unserem Fall haben wir für das kriminalpräventive Gedächtnistraining unterschiedliche Techniken kombiniert sowie mit polizeilichen Inhalten und Botschaften ergänzt und verändert.

  

wb-web: Können Sie das noch einmal anhand eines Beispiels verdeutlichen?

 Manfred Nöger: Hierfür eignet sich besonders die „Bewegungsgeschichte“, die zentrale kriminalpräventive Verhaltensweisen aufgreift. Sie kombiniert kaum merklich das Vertiefen von Schlüsselbegriffen mit zuvor vereinbarten Bewegungen. Beim langsamen Vorlesen führen die Teilnehmenden die Bewegung immer dann aus, wenn der Begriff genannt wird.

Mein Tipp: Damit sich die polizeilichen Kernbotschaften gut einprägen, sollte die Bewegung immer zum jeweiligen Begriff passen. Zum Beispiel „Jackeninnentasche“: Mit der rechten Hand zur linken Brust greifen. Dort befindet sich meist die Jackeninnentasche. Das Portemonnaie wird in der Regel mit der rechten Hand herausgezogen.

  

wb-web: Was hat Ihnen am meisten dabei geholfen, die Inhalte, Methoden und Techniken des Gedächtnistrainings auf das Thema „Taschendiebstahl“ zu übertragen?

 Manfred Nöger: Das Gespräch mit den Fachleuten aus der Kriminalprävention. Sie konnten uns mit den entsprechenden Inhalten versorgen, sodass wir die Gedächtnistrainings-Einheiten konkret auf die Verhaltensempfehlungen zum Schutz vor Kriminalität abstimmen konnten. Und natürlich eine Testphase, in der wir unsere Reihe mit Seniorinnen erprobten.

 

CC BY SA 3.0 by Tatjana Wanner für wb-web



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