Womit beschäftigen sich strategische Partnerschaften oder Mobilitätsprojekte in der europäischen Erwachsenenbildung zum Thema health literacy konkret? Eine Recherche in der European Projects Result Platform liefert spannende Einblicke. Eine Auswahl der fast 50 laufenden oder bereits abgeschlossenen Projekte mit Beteiligung von deutschen Erwachsenenbildungseinrichtungen werden hier vorgestellt.
Lehrende der Erwachsenenbildung sind in europäischen Erwachsenenbildungs-Projekten als Zielgruppe immer präsent. In den Mobilitätsprojekten, also den organisierten Lehr- oder Lernaufenthalten im europäischen Ausland, ist durch die Flüchtlingskrise das Thema Migration und (seelische) Gesundheit für Lehrende in den Fokus gerückt. Auch im Rahmen der Internationalisierung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung wird ein Austausch für den Fachbereich Gesundheit in den Projekten immer mitgedacht. In den strategischen Partnerschaften, den länderübergreifenden Projekten von Einrichtungen aus der Erwachsenenbildung, sind die Themen sehr vielfältig.
Wertorientierte Pflege und informal home care
Im Bereich der Pflege beschäftigen sich Projekte mit vielfältigen Ansätzen zur Verbesserung der Qualität z.B. im Bereich der arbeitsplatzorientierten Grundbildung im Pflegebereich.
Im Fokus sind dabei auch Menschen mit Migrationshintergrund sowie Geflüchtete in Verbindung mit der Frage, wie dem Pflegenotstand in vielen europäischen Ländern mit der Integration von Geflüchteten begegnet werden kann. Welche Sprachkenntnisse sind dabei notwendig? Wie wird in verschiedenen europäischen Ländern mit den Patientinnen und Patienten kommuniziert?
Auch der Vision der wertorientierten Pflege nach niederländischem Vorbild ist ein Projekt nachgegangen: Der Wandel der Rolle der Zivilgesellschaft zu einer „caring community“ bei der Umsetzung international verankerter Rechte älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges Leben stand dabei im Fokus.
Wie Menschen im Bereich informal home care, also bei der Pflege von zu Hause aus, unterstützt werden können, ist die zentrale Fragestellung im Projekt HomecareEU.
Die Pflege von Menschen mit Behinderungen ist ebenfalls ein Schwerpunkt, z.B. beim Wandel von der Pflege zum betreuten Wohnen. Dabei wird die Rolle der Unterstützungsdienste neu ausgerichtet, um die Bedürfnisse und Ziele von Menschen mit Behinderungen am besten zu erfüllen und ihnen eine größtmögliche Unabhängigkeit zu ermöglichen. Im Fokus sind dabei auch immer die Lehrenden und das Pflegepersonal. So wurde z.B. in sieben europäischen Ländern ein Training
kurs für Eltern und Fachpersonal entwickelt, um Sexualerziehung für Menschen mit Behinderungen anzubieten, sich kulturellen, nationalen und institutionellen Rahmenbedingungen bewusst zu sein, aber auch den besonderen Anforderungen der Zielgruppe.
Neben der Ebene der Organisationsentwicklung von Pflegeeinrichtungen für Menschen mit Behinderungen beschäftigen sich Projekte der Erwachsenenbildung auch mit der Verbesserung der Pflege für Menschen mit spezifischen Behinderungen, wie z.B. Menschen mit starken psychischen Beeinträchtigungen. Ebenso hat sich ein Projekt mit der Umsetzung der Praxis der gemeinwesenorientierten Behindertenhilfe in Schweden für erwachsene Menschen mit mentaler Beeinträchtigung in Hinblick u.a. auf Gesundheitsprävention auseinandergesetzt.
Schwerstkranke Menschen
Im Bereich Palliativdienste wurde ein multikultureller Leitfaden erstellt, der die unterschiedlichen Voraussetzungen und die Gestaltung der Hospiz- und Palliativarbeit in fünf europäischen Ländern darstellt. Dabei wird die Situation in Rumänien, Polen, Portugal, Spanien und Deutschland betrachtet: Was sind die beruflichen Anforderungen an Pflegepersonal in den verschiedenen Ländern? Wie funktioniert Fundraising und Sponsoring in den unterschiedlichen Ländern? Wie und wie lange wird in den verschiedenen Ländern getrauert?
Von und mit Europa lernen für Gesundheit und Wohlbefinden
Im Bereich Gesundheitsbildung beschäftigen sich Projekte der Erwachsenenbildung vor allem mit den folgenden Themenbereichen:
- Lebensqualität im Alter steigern
- Krisenintervention
- Gesundheitsbildung für spezifische Zielgruppen
Die Zielgruppen der Projekte in der Gesundheitsbildung spiegeln die Vielfalt der Erwachsenenbildung wider: ob für Roma, Menschen mit Downsyndrom, Männer, Geflüchtete, werdende Eltern – in diesem Rahmen können nur einige Projekte vorgestellt werden.
Für Menschen mit Demenz werden E-learning-Angebote für körperliche Aktivität ebenso wie kulturelle Angebote auf europäischer Ebene erarbeitet: Hier gilt Deutschland als Vorreiter. Seit 2007 bietet z.B. das Lehmbruck Museum in Duisburg Führungen für Menschen mit Demenz an. In einem Projekt mit Einrichtungen aus Italien, Litauen und Irland wurde der Frage nachgegangen, wie Museen die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen durch kulturelle Bildung verbessern können.
Im Fokus einiger Projekte steht auch die Zielgruppe der älteren drogenabhängigen Menschen. Für sie wurde ein Konzept erstellt, in dem Beispiele guter Versorgungspraxis aus Europa gesammelt wurden.
Erste Hilfe, chinesische Medizin und Empowerment von Patienten
Aber auch Themen, wie Tanzmethoden zur Verbesserung der Gesundheit oder die Frage der Anerkennung von Kompetenzen im Bereich der traditionellen chinesischen Medizin werden in den Projekten der Erwachsenenbildung betrachtet. Das Empowerment von Patientinnen und Patienten, damit diese ihre Krankheiten besser verstehen können, sowie die Verbesserung der ersten Hilfe durch Ehrenamtliche sind weitere wichtige Themen auf europäischer Ebene.
Smart Home für Senioren
Zur Steigerung der Lebensqualität im Alter steht vor allem das Thema Digitalisierung im Mittelpunkt: Zuverlässige Smart Home Konzepte für Seniorinnen und Senioren werden entwickelt oder Assistenztechnologien unter die Lupe genommen. Körperliche Aktivität von älteren Menschen ist ebenfalls ein Schwerpunkt und auch für die Zielgruppe der Menschen über 80 Jahre werden sinnstiftende Lernaktivitäten in verschiedenen europäischen Ländern verglichen.
Wer gut für sich sorgt, kann mit Krisen, Stress und psychischen Belastungen besser umgehen.
Dieser Aussage hat sich ein Projekt im Bereich psychosoziale Basisbildung gewidmet. Hierbei geht es um Resilienz, mentales Training und Coaching und welche Bildungsangebote für die Erwachsenenbildung entwickelt werden können und wie von anderen europäischen Ländern und deren Erfahrungen profitiert werden kann.
Zur Bewältigung von Krisen ist auch die Telefonseelsorge ein wichtiges Element. Hierzu haben sich Partner aus Europa im Bereich Akquise und Auswahl junger Freiwilliger und deren Qualifizierung ausgetauscht.
Es gibt viele Fähigkeiten und Kompetenzen, die einen guten Zuhörer ausmachen und die wichtig für jede Art von Unterhaltung sind. Allerdings ist es schwierig, diese Fähigkeiten zu erlernen und zu trainieren. Wie funktioniert Zuhören in anderen Kulturen? Einrichtungen aus dem Feld der emotionalen Unterstützung und Krisenintervention sowie Forschungseinrichtungen aus vier Ländern haben sich dem Thema angenommen und ein Schulungsprogramm zum emotionalen Wohlbefinden entwickelt.
Alle hier erwähnten Projekte finden Sie mit den Suchbegriffen health and wellbeing oder care auf der European Project Results Platform.
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