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Mit Videos lehren lernen

Screenshot aus einem Video des Online-Fall-Laboratoriums

Dieser Screenshot von videofallarbeit.de zeigt, wie die zur Verfügung stehenden Videos didaktisch aufbereitet wurden.

Mit Kamera und Mikrofon sind Sabine Schöb,  Wissenschaftlerin an der Universität Tübingen,  und Moritz Sahlender, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE), quer durch Deutschland unterwegs, um Kursleitende und Trainer bei der Arbeit zu beobachten. Die Aufnahmen sollen anderen Kursleitenden helfen, bei ihrer Arbeit noch professioneller zu werden. In einem Online-Portal stehen die aufbereiteten Videos für die Weiterbildung zur Verfügung. Sabine Schöb und Moritz Sahlender berichten hier, wie die Videos entstehen und wie sie genutzt werden können.

Aktuelle Zahlen (s. Kasten) zeigen es deutlich: Es gibt mittlerweile ähnlich viele Weiterbildner wie Lehrer an allgemein bildenden Schulen. Während Lehrer aus dem Schulbereich im Studium die Möglichkeit haben sich pädagogisches Grundwissen über Didaktik und Lehr-Lern-Prozesse anzueignen, gibt es in der Weiterbildungslandschaft viele Quereinsteiger, die oft mit hohem fachlichen Know-how, aber wenig didaktisch-methodischem Wissen vor der Herausforderung stehen, pädagogische Situationen zu gestalten. Und trotz dieser großen Zahl an Lehrenden in der Weiterbildung muss man feststellen, dass wissenschaftlich fundierte und zugleich praxisnah konzipierte Qualifizierungsmöglichkeiten selten sind. Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und die Abteilung Erwachsenenbildung/Weiterbildung der Universität Tübingen haben unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage das Online-Portal videofallarbeit.de entwickelt, um reale, als Video aufgezeichnete Lehr-Lernsituationen erfolgreich für die Qualifizierung von Lehrenden in der Erwachsenen- und Weiterbildung einzusetzen. Das Portal videofallarbeit.de ist das Produkt jahrelanger und intensiver Forschung zur Kompetenzentwicklung Lehrender.

Was ist videofallarbeit.de?

Das Online-Portal bietet interessierten Lehrenden die Möglichkeit auf einen umfangreichen Pool authentischer pädagogischer Situationen zuzugreifen. Mittlerweile gibt es rund 150 didaktisch aufbereitete Videos aus unterschiedlichen Themenbereichen und Kontexten: Vom Integrationskurs an der Volkshochschule, über Erste-Hilfe-Kurse bei karitativen Einrichtungen bis hin zu Kommunikationstrainings für Angestellte im betrieblichen Kontext findet sich ein breites Spektrum an Fallbeispielen. Diese sind in einen Lernraum integriert, in dem sie online in Einzelarbeit oder in kollegialem Austausch bearbeitet werden können.  

Videofallarbeit als eine Möglichkeit der „digitalen“ Hospitation?

Videos, die auf videofallarbeit.de zu sehen sind, unterscheiden sich auf den ersten Blick von klassischen Kursstunden. Zum einen wurden die Filmaufnahmen mithilfe von Experten zu 10-15-minütigen Videofällen geschnitten, die typische Kursphasen und Handlungsanforderungen wiedergeben, zum anderen wurden die Kurse mit zwei Kameras  aufgenommen. Letzteres ermöglicht es den Lehrenden, das Kursgeschehen gleichzeitig aus Teilnehmer- und aus Lehrendenperspektive anzusehen. Dank des Videoformats können die Fälle beliebig pausiert und wiederholt betrachtet werden.

Darüber hinaus hat die Forschergruppe des DIE und der Universität Tübingen weitere Erkenntnisse aus Forschungsprojekten dazu genutzt, die Videofälle zu didaktisieren und um weitere Funktionen der Bearbeitung zu ergänzen. Neben einer Annotationsmöglichkeit, die es dem Nutzer erlaubt, sich zu bestimmten Zeitpunkten Notizen zu machen, gibt es die Möglichkeit echte Kommentare der im Video agierenden Personen zu lesen und Informationen über theoretische Modelle zu erhalten, die Hilfen zur Deutung des sichtbaren Geschehens bieten. Diese  Aufbereitung des Kursgeschehens führt zu einer wissenschaftlich nachweisbaren Kompetenzentwicklung. 

Wer kann videofallarbeit.de nutzen?

Das Online-Fall-Laboratorium ist für Einzelnutzer, selbstgesteuerte Lerngruppen sowie organisierte Kurse von Bildungsanbietern aus den Kontexten der Weiterbildung, Schule und Hochschule gleichermaßen geeignet.

Für die Arbeit mit den Videofällen bedarf es keiner spezifischen Vorkenntnisse. Sie richtet sich sowohl an Einsteiger/innen als auch an bereits berufserfahrene Lehrende. Je nach Zielgruppe kann die Fallanzahl und -komplexität, deren Aufbereitung und Didaktisierung sowie die Bearbeitungsformen und -dauer variiert werden. Für eine Beurteilung der Arbeitsergebnisse und motivierende Rückmeldung werden Evaluationsinstrumente sowie Beispielanalysen zu den Videoefällen angeboten.

Um videofallarbeit.de dynamisch wachsen lassen zu können, können die Nutzer/innen darüber hinaus eigene Videofälle und Arbeitsmaterialien einstellen. Im Sinne des Web-2.0-Prinzips wird damit den Lernenden ermöglicht, das Portal zu erweitern sowie auch andere am eigenen Wissen teilhaben zu lassen.

Wie geht es weiter?

Da die Plattform auf hohe Nachfrage stößt und weiter in die Weiterbildungspraxis integriert werden soll, bedarf es eines kontinuierlichen Ausbaus des Angebots an Videofällen sowie ergänzenden Materialien. Das DIE verfügt über eine moderne Filmausrüstung sowie ein Team, das gern vor Ort kommt, um Aufnahmen zu machen. Zur Gewinnung neuen Fallmaterials sind wir ständig auf der Suche nach neuen Kursleitenden, die durch ihre Bereitschaft helfen, den Pool zu vergrößern.

Wenn Sie mehr über die Fallaufnahmen wissen wollen oder selbst als Lehrende/r vor die Kamera treten möchten, melden Sie sich gern bei Moritz Sahlender: sahlender@die-bonn.de

Wenn Sie mehr über das Online-Fall-Laboratorium, die Hintergründe,  dessen Entstehung sowie die Nutzungsmöglichkeiten erfahren möchten, können Sie sich gern an Sabine Schöb (geb. Digel) an der Universität Tübingen wenden: sabine.schoeb@uni-tuebingen.de


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