Handlungsanleitung

Wie gestalte ich Gruppenarbeiten in Break-Out-Räumen erfolgreich?

Bild: geralt/pixabay.com, Pixabay License, https://t1p.de/mksxb

Die Situation

Der Wechsel zwischen den Sozialformen – Plenums-, Gruppen-, Partner- und Einzelarbeit – kann gezielt eingesetzt eine sehr wirkungsvolle didaktische Intervention sein. Online-Seminare sind häufig sehr frontallastig, getragen von Inputs und Plenumsdiskussionen. Allerdings können über die so genannten „Break-Out-Räume“ (BO-Räume) eigentlich auch hier alle Sozialformen zielführend umgesetzt werden.

Beispiel Gruppenarbeit:

Die Teilnehmenden (TN) einer Fortbildung sollen sich in der Gruppe jeweils einen Überblick über eine Lerntheorie verschaffen und das Wissen dann im Plenum für alle aufbereitet zur Verfügung stellen.

Problemstellungen

1)    Gruppenbildung

Die Tatsache, dass die teilnehmenden Personen nicht physisch in einem Raum anwesend sind, führt zu einer stärkeren Fokussierung der Rolle der Seminarleitung, was die Gruppenbildung betrifft. In einem klassischen Seminar können sich Gruppen auch nach informellen Absprachen der TN untereinander finden. Im Online-Seminar können BO-Räume so eingerichtet werden, dass die TN ihren BO-Raum selbst wählen können. Dies kann sinnvoll sein, wenn es darum geht ein Thema nach Neigung zu wählen, führt aber – anders als im Präsenzseminar – häufig dazu, dass sich ungleich große Gruppen bilden. 

Lösungen:

Ist es wichtig, dass die Gruppen gleich groß sind und die Zusammensetzung keinen Unterschied macht, kann über die Zufallsverteilung gearbeitet werden.

Sollen die TN frei wählen können, so kann über den Chat vorab gefragt werden, wer welches Thema möchte. Die TN können ihre Themenwahl hier eingeben, so dass die Seminarleitung bei einem Ungleichgewicht noch steuernd eingreifen kann. Danach werden Gruppenräume nach Thema erstellt und die TN finden sich im gewählten Raum ein.

2)    Aufgabenstellung

Ein übliches Problem in allen Seminarformen ist eine unklare Aufgabenstellung. Sobald die TN in den BO-Räumen sind, stellt jedes Hinzutreten der Seminarleitung eine deutliche Störung dar. Die Aufgabenstellung sollte deswegen besonders bei Online-Seminaren im Vorfeld klar kommuniziert sein:

Lösung:

Eine gute Aufgabenstellung sagt

  • welches Material / welche Fragestellung
  • in welcher Zeit
  • unter welchen Gesichtspunkten
  • mit welchem Ergebnis

bearbeitet werden soll.

Im Idealfall liegt die Aufgabenstellung für die TN schriftlich vor. Die Seminarleitung sollte sich für Rückfragen im Hauptraum bereithalten.

Es sollte bereits im Vorfeld kommuniziert werden, wie lange die Präsentation der Ergebnisse je Gruppe maximal dauern darf. Eventuell können auch im Vorfeld schon Tools zur Aufbereitung der zu präsentierenden Inhalte erklärt werden.

3)    Zeitmanagement

Während im Seminarraum das Überwachen des Fortschritts der Gruppenarbeit dezent zu organisieren ist, ist dies im Online-Seminar schwieriger. Wie bereits beschrieben unterbricht das Hinzutreten der Seminarleitung in die BO-Räume in der Regel den Arbeitsfluss. Das Einstellen einer zeitlichen Begrenzung in BO-Räumen ist eine relativ zentralisierte Machtausübung der Seminarleitung und sollte nur in spielerischen Kontexten unter Einbezug von geeigneten Methoden, wie z. B. Tuschelgruppen / Flüstergruppen (vgl. Methoden-Kollage, 2023) eingesetzt werden.

Lösung:

Die Gruppe sollte im Vorfeld der Gruppenarbeit auf den verfügbaren Zeitrahmen hingewiesen werden. Evtl. kann ein TN als Zeitmanager*in bestimmt werden. In der Regel können Seminarleitungen Nachrichten (als Text oder Audio) in die Gruppenräume senden. Hier sollte nach der Hälfte der Zeit eine kurze Nachricht erfolgen. Je nach Umfang der Gruppenarbeit noch einmal etwa 10-5 Minuten vor Ende und ebenso 1-3 Minuten vor Ende der Gruppenarbeitszeit.

4)    Präsentation und Dokumentation der Ergebnisse

Als Hilfestellung sollten den TN im Vorfeld mögliche Tools zur Dokumentation und Präsentation Ihrer Ergebnisse zur Verfügung gestellt werden. Wahlweise kann auch vorab geklärt werden, dass die Ergebnisse nur mündlich vorzustellen sind. Gut geeignet zur Dokumentation sind niedrigschwellige Tools zur Kollaboration wie Etherpad (https://etherpad.org/) oder Flinga (https://flinga.fi/).

Tipp: Über die Webseite Methoden-Kollage der Johannes Gutenberg-Universität Mainz finden Sie weitere Toolvorschläge zur Kollaboration (vgl. Methoden-Kollage o. J.) sowie viele weitere Tools und Methoden inklusive digitalen Umsetzungsbeispielen.

Nicht zuletzt sollte beachtet werden, dass insbesondere mit weniger online-affinen TN die Zeit für eine Gruppenarbeit etwas umfangreicher anzusetzen ist. Das Orientieren im digitalen Raum, die unterschiedliche Gesprächsdynamik und auch das eventuell digitale Dokumentieren sind aufwändiger als in klassischen Präsenzseminaren.

Wenn gut moderiert, werden Gruppenarbeiten von TN in der Regel ausgesprochen positiv aufgenommen: Hier kann es zu einem intensiven gemeinsamen Austausch kommen und die starke Zentrierung auf die Lehrkraft wird aufgebrochen, was insbesondere in der Erwachsenenbildung dem konstruktivistischen Ansatz entspricht und die Forderung nach Lernendenautonomie bedient (vgl. auch Froebus/Holzer 2022).  

Quellen

Froebus, K.; & Holzer, D. (2022). Universitäre Online-Lehre. Machtverschiebungen und neue Disziplinierungsräume. In: Magazin erwachsenenbildung.at (2022) 44/45, 11 S. - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-244780 - DOI: 10.25656/01:24478

Methoden-Kollage (2023, 25. August). Tuschelgruppen / Flüstergruppen, abrufbar unter https://methodenkollage.uni-mainz.de/tuschelgruppen-fluestergruppen/

Methoden-Kollage (o. J.). Kollaboration, abrufbar unter https://methodenkollage.uni-mainz.de/tag/kollaboration/

CC BY-SA 3.0 DE by Sonja Lux (Projekt „Methoden-Kollage“, ZWW Uni Mainz) für wb-web (2024) 


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Erfolgsfaktoren digitaler Lehre

Vom Aufbau der Gruppendynamik zum Einsatz verschiedener Sozialformen bis hin zur methodisch-didaktischen Gestaltung – all‘ diese sowie weitere Faktoren gilt es bei der digitalen Lehre zu berücksichtigen (vgl. Lux et al., 2023, S. 117). Dabei sind im Vergleich zur reinen Präsenzlehre einige Punkte zu beachten (vgl. Baum et al., 2023, S. 136 – 142).

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