Lars Kilian Forschung quergelesen

wbmonitor: Theorie-Praxis-Wissenstransfer im Fokus

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Wie kommt die Wissenschaft in die Praxis? - Der aktuelle wbmonitor (2018) geht dieser Frage empirisch für die berufliche und allgemeine Weiter- und Erwachsenenbildung nach. Dazu führte das Bundesinstitut für Berufsbildung und das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung 2018 eine Onlineumfrage durch.

Zusammenfassung

Der wbmonitor gibt einige Hinweise für einen gelingenden Wissenstransfer. Er benennt die aktuell zentralen Informationsquellen, die Bedeutung der Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis oder auch Kriterien für die Nutzbarkeit der Forschungsergebnisse. Informationen sollten demnach einfach und idealerweise kostenfrei zu beschaffen sein. Digitale Formate spielen eine wichtige Rolle. Die aktuellen Strategien wie Open Access oder OER – wie sie bei wb-web der Standard sind – können demnach den Wissenstransfer unterstützen, indem wichtige Voraussetzungen erfüllt werden. Auch die praxisorientierte Aufbereitung entsprechender Ergebnisse sowie Möglichkeiten der wissenschaftlichen Beratung sind Aspekte, die den Transfer fördern können. Denn der Bedarf an wissenschaftlichem Wissen in der Praxis ist da und die Relevanz dieses Wissens wird für die Praxis als hoch eingeschätzt.

Über den wbmonitor

Insgesamt fast 19.000 Anbieter beruflicher und allgemeiner Weiterbildung wurden eingeladen, den Fragebogen zu beantworten, 1.267 gültige Teilnahmen konnten verbucht werden. Beantwortet haben den Frageboten i.d.R. die Führungskräfte der Einrichtungen. Im Mittelpunkt stand 2018 die Frage des Transfers wissenschaftlichen Wissens in die Praxis. Der jüngst erschienene wbmonitor liefert hierzu einige Antworten. Konkret gibt er Auskunft

  • über Bedarf und Relevanz wissenschaftlichen Wissens für die Praxis,
  • bevorzugten Informationsquellen für das Führungspersonal,
  • Kontakten zur Wissenschaft
  • und Kriterien für die Nutzbarkeit der Forschung für die Praxis.

Weiterhin liefert er Perspektiven für den Wissenstransfer in die Praxis der beruflichen und allgemeinen Weiterbildung, sowie Strukturinformationen aus der Umfrage sowie den alljährlichen „wbmonitor Klimawert“, über den wb-web bereits berichtete.

Bedarf an wissenschaftlichem Wissen

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Mehrheit der Weiterbildungsanbieter einen hohen Bedarf an wissenschaftlichem Wissen hat. Besonders ausgeprägt ist dies im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung der Hochschulen und Akademien (96 Prozent), gefolgt den beruflichen Schulen (71 Prozent). Demgegenüber stehen wirtschaftsnahe Einrichtungen wie Kammern, Innungen etc. mit 54 Prozent sowie gemeinnützig private Anbieter mit 56 Prozent Zustimmung.

Nutzen für die Praxis

Mit Blick auf den antizipierten Nutzen des Wissenschafts-Praxis-Transfers sehen 70 Prozent der Weiterbildungseinrichtungen Forschungsergebnisse für die Weiterentwicklung des eigenen Angebots als wichtig an und für 56 Prozent bietet die Orientierung an Forschungsergebnissen nach eigener Einschätzung einen Wettbewerbsvorteil.

Hürden für den Theorie-Praxis-Transfer

Es überrascht etwas, dass 22 Prozent der Befragten Einrichtungen teilweise oder ganz der Aussagte zustimmten, dass ihnen keine wissenschaftlich relevanten Arbeiten bekannt sind, da Lehre doch wissenschaftlich gesichertes Wissen aufbereiten sollte. Ein größeres Hindernis bei der Rezeption wissenschaftlichen Wissens sind fehlende zeitliche Kapazitäten. Insbesondere Volkshochschulen stimmen diesem Aspekt mit 76 Prozent sehr hoch zu. Demgegenüber wird der Nützlichkeit des Dialogs von Wissenschaft und Praxis von 74  Prozent der Befragten befürwortet. Für einen gelingenden Wissenstransfer wünschen sich die Anbieter, dass Forschungsarbeiten einen Fokus auf die praktische Relevanz der Ergebnisse berücksichtigen. Aktuell sieht hier fast die Hälfte der Befragten Optimierungsbedarf.

Themen

Fast einvernehmlich großes Interesse bei den Anbietern besteht an bildungswissenschaftlichen Ergebnissen, speziell zu Weiter- und Erwachsenenbildung (89 Prozent) sowie zu Bildungsforschung, Pädagogik und Erziehungswissenschaft (88 Prozent). Nur wirtschaftsnahe Einrichtungen sehen im Bereich Naturwissenschaft, Technik und Informatik höheren Bedarf (86 Prozent) gegenüber den Bildungswissenschaften.

Die Grafik zeigt die Nutzung von Kommunikationsformaten zum Bezug von Forschungsergebnissen durch das Führungspersonal.

Abbildung 1 Nutzung von Kommunikationsformaten zum Bezug von Forschungsergebnissen durch das Führungspersonal (in %); Quelle: BIBB/DIE wbmonitor Umfrage 2018, S. 17; hochgerechnete Werte auf Basis von n=1173 (Social Media/Web 2.0) bis n=1253 (Teilnahme an Workshops, Tagungen und Kongressen) gültigen Angaben.  CC-BY-NC-ND - Lizenz

Zugänge zu Ergebnissen aus der Forschung

Der wbmonitor verdeutlicht: „Klassische Kanäle“ zur Beschaffung von Informationen über Forschungsergebnisse werden weiterhin abgerufen. So nutzen 99 Prozent der Befragten Fachliteratur, wozu auch Berichte, Gutachten oder Statistiken gezählt werden können. 97 Prozent nehmen mehr oder minder oft an Workshops, Tagungen und Kongressen teil, um sich zu informieren. Kurzveranstaltungen wie Vorträge, Podiumsdiskussionen etc. finden noch bei 95 Prozent der Anbieter Beachtung. Inhaltliches Interesse bei der Nutzung von Fachliteratur bestand vor allem an theoretischen Konzepten und Modellen (z.B. Qualitätsmanagement, Marketing, didaktische Konzeption), die von 78 Prozent in den letzten drei Jahren genutzt wurden. Aber auch bundesweite und landesweite Bildungsberichte liegen wurden von ca. 70 Prozent der Befragten rezipiert.

Online greifen die Befragten in erster Linie auf Suchmaschinen und Fachportale zurück (jeweils 96 Prozent). Bei den Fachportalen stehen der Deutsche Bildungsserver (72 Prozent) und das Netzwerk Weiterbildung (64 Prozent) hoch im Kurs. Erfreulich, dass wb-web, das Portal für Lehrende der Erwachsenen- und Weiterbildung, von 62 Prozent der Befragten genutzt wird und in der Umfrage auf Platz 3 landete. 93 Prozent informieren sich über Newsletter und 90 Prozent über die Webseiten der wissenschaftlichen Einrichtungen. Immerhin fast 80 Prozent nutzen noch soziale Medien, um an wissenschaftliche Ergebnisse zu gelangen. Hier spielen vor allem YouTube (84 Prozent), Facebook (73 Prozent) und Blogs (63 Prozent) eine zentrale Rolle bei der Informationsbeschaffung. 

Abbildung 2: Nutzung von Fachportalen im Internet zum Bezug von Forschungsergebnissen durch das Führungspersonal (in %; Basis: Anbieter, für die (Weiter-)Bildungsforschung eine Bezugsdisziplin ist); Quelle: BIBB/DIE wbmonitor  Umfrage 2018, S. 23; hochgerechnete Werte auf Basis von n=841 (foraus.de) bis n=1.003 (Deutscher Bildungsserver) gültigen Angaben. CC-BY-NC-ND - Lizenz

Kriterien für den Wissenstransfer

Damit Forschungsergebnisse einen Praxisnutzen haben, sollten diese in erster Linie eine Relevanz für die Praxis haben sowie die Informationsbeschaffung auf einfachem Weg möglich sein. Beide Aspekte werden jeweils von 97  Prozent der Befragten als sehr wichtig bzw. eher wichtig eingeschätzt. Weiterhin stehen die Aktualität der Ergebnisse (96 Prozent) und der kostenfreie Zugang (90 Prozent) im Vordergrund. Noch 83 Prozent schätzen die eindeutige Befundlage als wichtig ein, gefolgt von der Möglichkeit, Ansprechpartner aus der Wissenschaft bei Rückfragen und Beratung zu haben (71 Prozent). Auf Seiten der Befragten werden demgegenüber die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden für einen erfolgreichen Wissenstransfer als wichtig erachtet (98 Prozent), gefolgt vom Bewusstsein über den Nutzen der Forschungsergebnisse für die eigene Praxis (95 Prozent) und den Möglichkeiten des Austauschs innerhalb der Weiterbildungspraxis (76 Prozent).

Quelle:  Christ, Johannes; Koscheck, Stefan; Martin, Andreas; Widany, Sarah (2019): „Wissenstransfer – Wie kommt die Wissenschaft in die Praxis?“ Ergebnisse der wbmonitor Umfrage 2018. Bonn: Verlag Barbara Budrich.  https://wbmonitor.bibb.de/downloads/Ergebnisse_20190513.pdf

 CC-BY-SA 3.0 by Lars Kilian 2019 für wb-web