Angelika Gundermann Blog
Was ist das Neue an der neuen Arbeitswelt?
Auf den Petersberger Trainertagen 2018 stellte sich die Branche den Fragen nach der Zukunft der Arbeit: Zwei Tage, um die altbekannten Glaubenssätze zum Thema Arbeit zu hinterfragen, kündigte Nicole Bußmann, Chefredakteurin aus dem managerSeminare Verlag, an. Mit dem Titel „New Work. New Culture. New Life“, so erklärte sie, wollten die Veranstalter an das Konzept anknüpfen, das der Philosoph Frithjof Bergmann seit den Siebzigerjahren entwickelt hat. New Work stehe dabei für neues Arbeiten in neuen Zusammenhängen und mit neuen Zielsetzungen, so dass letztlich eine Neuausrichtung des gesamten Lebens damit einhergehe, was der Titel der Veranstaltung ebenfalls aufgreift.
Zukunft der Arbeit und der Arbeitenden
Trainerinnen und Trainer, Coaches und Personalverantwortliche hörten zunächst, was Elke Frank, Senior Vice President Human Resources Development bei der Telekom, unter dem Stichwort „Future Work“ aus ihrem Unternehmen berichtete. Vom Thema New Work oder Arbeiten 4.0 kam sie sehr schnell zum Thema Lernen. Lebenslanges Lernen müsse ein Thema sein, das die Führungskräfte verstehen und ins Unternehmen tragen, so Frank. „Diese Lernkultur muss sich in die DNA der Mitarbeiter eintragen“. Wie sieht das neue Arbeiten bei der Telekom aus? „Die Arbeit ist dort, wo der Mitarbeiter ist“, erklärt Frank. Nicht nur im Büro oder den angebotenen Open Spaces, in denen übrigens auch Vorstände ihre Arbeitsplätze haben, sondern auch zuhause. Wichtig dabei: die Organisation der Arbeit, von konzentrierter Einzelarbeit, Zeiten für Telefonate oder Meetings. Gearbeitet wird kollaborativ in flachen Hierarchien, die meisten Entscheidungen fallen im Team.
Agile Managementmethoden nutzen dabei die Potenziale der Mitarbeitenden, die idealerweise auch mit innovativen Ideen und Strukturen klar kommen. Das Thema Digitalisierung ist eigentlich keins mehr: Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Das bedeutet in Bezug auf Lernen und Weiterbildung etwa, dass ein Chatbot Trainingseinheiten anleitet oder das Recruiting durchführt.
Wichtigster Kanal für eine Veränderung der Arbeit sind nach Elke Frank die Führungskräfte. Sie müssen in Zukunft höheren Ansprüchen genügen, brauchen Kompetenzen zur digitalen Kommunikation und Kollaboration. „Lernen ist ein großer Teil der Arbeitszeit“, stellt Frank weiter fest, allerdings seien die Mitarbeitenden auch gefordert hier Eigenverantwortung zu zeigen. Das Unternehmen versuche, zukünftigen Anforderungen durch strategisches Skillsmanagement gerecht zu werden: Einerseits müssten die Fähigkeiten der Mitarbeitenden analysiert werden, um auf neue Bedarfe reagieren zu können. Und sollten Jobs wegfallen, können auf dieser Grundlage Mitarbeitende für neue Jobs trainiert werden.
Führung im Blick
Auch das Projekt „Leadership Garage“ hat die Rolle der Führungskräfte in der digitalen Transformation der Arbeitswelt als entscheidend erkannt. Professor Sabine Remdisch vom Institut für Performance Management (IPM) der Leuphana Universität Lüneburg stellte hierzu Forschungsergebnisse auf den Petersberger Trainertagen vor. Führung, so Remdisch, definiere sich in der Arbeitswelt 4.0 neu: Statussymbole der Führungskräfte seien nicht mehr Dienstwagen und Büroausstattung, sondern der Einfluss in digitalen Netzwerken. Die Digitalisierung rücke damit tatsächlich den Menschen wieder in den Fokus, denn Beziehungen und Vernetzung zählten aktuell als Machtfaktoren.
In den neuen Arbeitsumgebungen, Coworking Spaces wie dem Hana House im Silicon Valley, in denen Managementmethoden wie Scrum oder Design Thinking Anwendung finden, müsse die Führungskraft neue Möglichkeiten finden, sich einzubringen. Wichtig sei das Beherrschen von Collaboration Tools und von „Führen auf Distanz“. Hier, so Remdisch weiter, entstehe eine ganz neue Führungskultur. Zur Umsetzung von Ideen sollten Führungskräfte Methoden wie Storytelling anwenden lernen: Bilder und Emotionen, die hier zur Anwendung kommen, sind besonders in der digitalen Welt wichtig und können dazu beitragen Distanzen zu überwinden.
In der sich ständig wandelnden Arbeitswelt sei vor allem Innovationskultur nötig, erläuterte Remdisch weiter. Wenn „leading innovation“ zu einem „Schlüsselverhalten“ von Führungskräften werde, sei das eine wichtige Rahmenbedingung für die Entwicklung neuer Ideen.
Mit der sogenannten „ambidextren“ (dt. wörtlich beidhändigen) Führungskultur könne es gelingen, innovative und strukturtreue Kräfte im Unternehmen in Ausgleich zu bringen und so die bestmögliche Performance zu erreichen.
Kultur und Werte erlangen neue Bedeutsamkeit
Bei den jenseits der Vorträge angebotenen Workshops auf den Petersberger Trainertagen fiel auf, dass neben den erwartbaren Themen rund um Digitalisierung und agile Methoden viele Angebote um „Werte“ und „Kultur“ kreisten. Die neue Arbeitswelt bietet die Gelegenheit – als Notwendigkeit oder als Chance – wieder über Kultur und Werte im Unternehmen nachzudenken. Trainerinnen und Trainer haben hier vielfältige Anregungen erhalten, welche Methoden und Verfahren dabei hilfreich in Schulungen oder Coachings zum Einsatz gebracht werden können.
Ein weiterer Programmpunkt der Trainertage: Die Verleihung des 12. Life Achievement Awards an Prof. Dr. Fredmund Malik. Er gilt als einer der führenden Managementvordenker in Europa. Sein besonderes Interesse als Forscher gilt der systemkybernetischen Unternehmensführung.
Weitere Links zum Thema:
- Führung, Zusammenarbeit und Mitarbeiterentwicklung im digitalen Zeitalter: Gespräch mit Dr. Elke Frank, Deutsche Telekom
- Interview mit Prof. Sabine Remdisch zu den Themen „Führung auf Distanz“, „Feedback und Lob“, „Storytelling“, „Digitalisierung und Netzwerke“ und „Veränderung von Machtstrukturen“
Arbeit 4.0 und lebenslanges Lernen
Im Zuge der Digitalisierung verändert sich unsere Arbeitswelt und macht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neue Kompetenzen erforderlich: Zum einen müssen sie digitale Technologien beherrschen, zum anderen machen diese Technologien neue Strukturen in der Arbeitswelt nötig oder möglich. Team und Führung werden neu definiert, kollaborative Fähigkeiten und kommunikative Kompetenzen müssen entwickelt werden. Ein neues Aufgabenfeld für die in der Weiterbildung Tätigen, die aber auch selbst über ihre Rolle und ihre Aufgabe neu nachdenken müssen.