Susanne Witt Blog

Studie zur Weiterbildung weist regionale und kommunale Unterschiede aus

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Große regionale Unterschiede bei der Weiterbildungsbeteiligung und insbesondere starke ortsbezogene Veränderungen offenbart der dritte Deutsche Weiterbildungsatlas 2018. Zwischen 2012 und 2014 war die Beteiligung bundesweit gesunken. Letztere lag im Jahr 2015 bei 12,2 Prozent. Damit nahm nur noch jeder Achte an einer Weiterbildung teil, zuvor war es jeder Siebte. Während im Saarland – bundesweit das Schlusslicht – nur 7,8 Prozent der Menschen 2015 angaben, an einer Weiterbildung teilgenommen zu haben, waren es in Baden-Württemberg 15,3 Prozent. In Chemnitz stieg die Weiterbildungsbeteiligung von 7,87 Prozent auf 12,29 Prozent im Folgejahr 2013. Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung wertete für den Deutschen Weiterbildungsatlas die Daten des Mikrozensus im Auftrag der Bertelsmann Stiftung aus.

Auf Landesebene belegt Baden-Württemberg die Spitzenposition vor Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. In Berlin und Bremen wiederum bilden sich nur verhältnismäßig wenige Menschen weiter, jeweils 10,5 Prozent.

Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sind die Ergebnisse ein Wachrüttler: „Zu häufig entscheidet der Wohnort und die lokale Wirtschaftskraft darüber, ob sich jemand weiterbildet. Gerade in wirtschaftlich schwächeren Regionen brauchen die Menschen Fortbildung, um ihre Chancen auf einen guten Arbeitsplatz zu verbessern.“

Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland

(Bild: Deutscher Weiterbildungsatlas 2018, CC-BY-SA 4.0 International )

Auch innerhalb der Bundesländer schwankt die Weiterbildungsbeteiligung zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten. So nehmen beispielsweise in der Grafschaft Bentheim, Niedersachsen, lediglich 2,3 Prozent der Menschen jährlich an Weiterbildungen teil, in Landsberg am Lech, Bayern, sind es mit 23 Prozent knapp zehn Mal so viele.  

Weiterbildungspotenziale vor Ort besser nutzen

Die Potenzialausschöpfung zeigt, wie gut Kreise und kreisfreie Städte ihre strukturellen Voraussetzungen und Möglichkeiten für Weiterbildung nutzen. Ausgehend von den wirtschaftlichen und soziostrukturellen Daten der verschiedenen Kreise und kreisfreien Städte berechneten die Forscher dabei, wie hoch die Weiterbildungsbeteiligung in einer Region im Deutschlandvergleich eigentlich sein müsste. Regionen mit einem geringen Bildungsstand in der Bevölkerung und einer schwachen Wirtschaftsstruktur haben demnach ein geringeres Potenzial als jene mit vielen Akademikern und einer florierenden Wirtschaft.

So bilden sich in Baden-Württemberg rund 20 Prozent mehr Menschen fort als zu erwarten wäre. In Berlin bleibt die Weiterbildungsbeteiligung um 23 Prozent hinter den Möglichkeiten zurück. Mecklenburg-Vorpommern hat im Bundesvergleich eine niedrige absolute Weiterbildungsbeteiligung, schöpft aber dabei sein Potenzial voll aus. Hamburg und Brandenburg bleiben dagegen hinter den Erwartungen.

„Wenn man in Rechnung stellt, was mit der jeweiligen Bevölkerung und Wirtschaftskraft möglich wäre, zeigt sich der ungenutzte Handlungsspielraum“, kommentiert Prof. Dr. Josef Schrader, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung die Ergebnisse der Potenzialanalyse.

Zugleich empfiehlt Prof. Schrader, genauer zu erforschen, was auf kommunaler Ebene zu einer hohen und was zu einer niedrigen Weiterbildungsquote führt: „Vor Ort kann am besten entschieden werden, welche kommunal- und landespolitischen Maßnahmen positiv auf die Weiterbildungsbeteiligung wirken.“

Dass Veränderungen auf kommunaler Ebene möglich sind, zeigt der Deutsche Weiterbildungsatlas. In den Kommunen im Landkreis Fürstenfeldbruck und in Zweibrücken, Soest und Chemnitz beispielsweise stieg die Weiterbildungsbeteiligung in den letzten Jahren deutlich.

Kurz gefragt - Prof. Schrader zu den zentralen Ergebnissen des Deutschen Weiterbildungsatlas

Geringqualifizierte und Arme oft außen vor

Der Weiterbildungsatlas zeigt ebenfalls auf, dass Geringqualifizierte besonders selten von Weiterbildungen profitieren. Lediglich 5,6 Prozent der Geringqualifizierten im Alter von 25 bis 54 nehmen an Weiterbildungen teil. Auch unter den Armen im zentralen Erwerbsalter bilden sich nur 7,7 Prozent weiter. Jörg Dräger fordert, die soziale Unwucht im Weiterbildungssystem zu begradigen. „Damit Ärmere und Geringqualifizierte häufiger an Weiterbildungen teilnehmen, müssen sie besser beraten und finanziell gefördert werden.“

Alle Daten und Fakten finden Sie unter www.kreise.deutscher-weiterbildungsatlas.de.

Methodische Hinweise 

Bundes- und Landesergebnisse basieren auf Daten des Mikrozensus 2015. Die kommunalen Ergebnisse werden als Mittelwerte der Daten aus den Jahren 2014 und 2015 angegeben. Im Mikrozensus lautet die Frage nach der Weiterbildungsteilnahme: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten an einer (oder mehreren) allgemeinen oder beruflichen Weiterbildung/-en teilgenommen?“ Berufliche Weiterbildungen sind Umschulungen, Lehrgänge oder Kurse für einen beruflichen Aufstieg, für neue berufliche Aufgaben, Fortbildungen (z. B. Computer, Management, Rhetorik). Allgemeine Weiterbildungen haben meist einen privaten Zweck und dienen dem Erwerb oder der Erweiterung eigener Fähigkeiten und Kenntnisse (z. B. Musik, Sport, Erziehung, Gesundheit, Kunst, Politik, Technik, Kochen). Im Sinne der Lesbarkeit sprechen wir bei von „Armut bedrohten Menschen“ hier auch von „Armen“.


Quelle: Bertelsmann Stiftung (2018). Pressemeldung 25.09.2018: „Große regionale Unterschiede bei der Weiterbildungsbeteiligung“.


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21. DIE-Forum Weiterbildung 2018: Regionale Weiterbildung gestalten. Disparitäten überwinden.

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In Deutschland gibt es erhebliche regionale Unterschiede in Wirtschaftskraft und demografischer Entwicklung – auch wenn insgesamt die wirtschaftliche Lage positiv ist. Dieses Missverhältnis gefährdet das gesellschaftliche Leitprinzip der gleichwertigen Lebensverhältnisse und birgt soziale Sprengkraft: Einkommens- und Aufstiegschancen, soziale Teilhabe und Sicherung sind regional zunehmend ungleich verteilt.

Das DIE-Forum 2018 diskutiert aktuelle Herausforderungen für die Erwachsenen- und Weiterbildung und fragt:

  • Wie stark ist Weiterbildung von regionalen Entwicklungsdynamiken betroffen? Welche Auswirkungen haben sie auf Teilnahmechancen und Bildungsangebote?
  • Welches Potenzial hat Weiterbildung für die Regionalentwicklung? Was kann sie für „herausgeforderte“, wirtschaftlich und infrastrukturell schwache Regionen leisten? Kann sie Regionen Impulse geben, die unter hoher Arbeitslosigkeit, alternder Bevölkerung und Abwanderung leiden?
  • Wie kann Politik durch Förderprogramme und Gesetzgebung für ein flächendeckendes Weiterbildungsangebot sorgen und regionale Entwicklungsprozesse unterstützen?

Das 21. DIE-Forum Weiterbildung findet am 3. und 4. Dezember 2018 im Collegium Leoninum in Bonn statt. Unser Diskussionsgegenstand diesmal: "Regionale Weiterbildung gestalten. Disparitäten überwinden."

Weitere Informationen  zum DIE-Forum finden Sie hier.

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