Annika Dürr Blog

Neue Herausforderungen, neue Kompetenzen

Wie Führungskräfte der Erwachsenenbildung die Digitalisierung wahrnehmen

Die Digitalisierung verändert die Welt – und die Erwachsenenbildung bildet dabei keine Ausnahme. Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, neue Technologien zu integrieren, ihre Teams in unsicheren Zeiten zu unterstützen und gleichzeitig ihre Rolle neu zu definieren. Annika Dürr hat im Rahmen ihrer Masterarbeit Digitalisierung und Weiterbildungsbedarfe: Perspektiven von Führungskräften in der Erwachsenenbildung unter anderem untersucht, wie Führungskräfte den digitalen Wandel wahrnehmen und welche Kompetenzen sie dafür als besonders wichtig erachten. Die Ergebnisse zeigen, dass die eigentlichen Herausforderungen weniger in der Technik liegen, sondern vor allem in organisatorischen und sozialen Anpassungen. Dieser Beitrag stellt ausgewählte Erkenntnisse vor.

"Wenn ich meine Prozesse nicht digitalisiere, [...] stehe ich immer mit einem Bein im alten Leben."  

(aus einem Interview mit einer Führungskraft)

Das KI generierte Bild zeigt eine Person, die auf einem Steg zum Licht geht. Rundherum sind verschiedene Medien und Personen zu sehen

Diese eindrückliche Beschreibung aus meinen Interviews verdeutlicht, wie tiefgreifend die Digitalisierung die Erwachsenenbildung verändert. Doch wie erleben Führungskräfte diesen Wandel? Welche Kompetenzen sind erforderlich, und welche neuen Herausforderungen bringt die Digitalisierung mit sich?

Ein Blick hinter die Kulissen

Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau führte ich Experteninterviews mit sieben Führungskräften aus verschiedenen Organisationen der Erwachsenenbildung. Ziel war es, ihre Perspektiven auf die Digitalisierung und die daraus resultierenden persönlichen Weiterbildungsbedarfe zu analysieren. Als ich mich mit dem Thema auseinandersetzte, hatte ich durch die Literatur gewisse Vorstellungen und ein Gefühl für mögliche Ergebnisse – doch einige der Erkenntnisse waren überraschend und äußerst spannend. Ich lade Sie ein, mit mir auf eine Reise durch diese Ergebnisse zu gehen und dabei zu reflektieren: Entsprechen diese Beobachtungen Ihrer eigenen Wahrnehmung? Welche Weiterbildungsbedarfe und Lernwege sehen Sie für sich selbst?

„Die Digitalisierung – Evolution statt Revolution?“

Die Interviews zeichnen ein differenziertes Bild der Digitalisierung in der Erwachsenenbildung: Für viele Führungskräfte stellt sie keinen disruptiven Wandel dar, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung bestehender Strukturen. Besonders in den Bereichen digitaler Tools und Arbeitsprozesse erkennen sie Verbesserungen, wie effizientere Freigaben oder den leichteren Zugang zu gemeinsam genutzten Dokumenten. Gleichzeitig bleibt die Präsenzarbeit ein zentraler Bestandteil der Führung. Digitale Kommunikation wird als hilfreiche Ergänzung gesehen, die Flexibilität ermöglicht, jedoch die zwischenmenschliche Nähe nicht vollständig ersetzen kann. Einige Führungskräfte berichten auch von einem Wandel in der Führungsrolle selbst, etwa durch einen stärkeren Fokus auf Teammanagement und strategische Planung.

Herausforderungen: Mehr als Technik

Besonders im Fokus steht die Mitarbeiterentwicklung, Kompetenzaufbau und Skillmanagement. Führungskräfte müssen sicherstellen, dass ihre Teams auf unterschiedlichen Qualifikationsniveaus mit der Entwicklung Schritt halten. Zusätzlich stellt die Geschwindigkeit des Wandels eine große Herausforderung dar. Alte Prozesse müssen hinterfragt, neue Arbeitsweisen etabliert und gleichzeitig die Stabilität im Team gewahrt werden. Psychologische Sicherheit wird dabei immer wichtiger, um Mitarbeitende durch Unsicherheiten zu führen. Gleichzeitig erschweren strukturelle Rahmenbedingungen und veraltete Infrastrukturen, insbesondere im öffentlichen Sektor, die Digitalisierung.

Entgegen meiner Erwartungen spielte die technische Seite der Digitalisierung bei den Herausforderungen der Führungskräfte eine eher untergeordnete Rolle. Die Befragten berichteten zwar von der Einführung neuer Tools wie z. B. Microsoft 365, digitaler Freigabesysteme oder hybrider Besprechungsformate, doch diese wurden überwiegend als Ergänzungen betrachtet, die bestehende Arbeitsprozesse unterstützen. Schwierigkeiten wie Datenschutz, IT-Sicherheit oder die Auswahl geeigneter Technologien wurden zwar erwähnt, waren jedoch nicht so zentral, wie zunächst angenommen. Die eigentlichen Herausforderungen lagen weniger in der Technik selbst, sondern vielmehr in den organisatorischen und sozialen Anpassungen, die deren Einführung mit sich bringt.

Kompetenzen der Zukunft: Was Führungskräfte als essenziell ansehen

Die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an Führungskräfte – und die befragten Führungskräfte haben klar benannt, welche Kompetenzen sie für essenziell halten. Angelehnt an das Kompetenzmodell von Erpenbeck und Heyse (2007, 2017) lassen sich diese wie folgt darstellen:

Persönliche Kompetenzen:

  • Offenheit für neue Ansätze und die Bereitschaft, alte Denkweisen loszulassen
  • Veränderungsbereitschaft und die Fähigkeit, dynamische Prozesse aktiv zu gestalten
  • Stressbewältigung, Selbstreflexion und Selbstmanagement, um der hohen Geschwindigkeit des Wandels zu begegnen

Soziale und kommunikative Kompetenzen:

  • Empathie, um die Bedürfnisse und Herausforderungen der Mitarbeitenden zu verstehen, zu motivieren und psychologische Sicherheit zu fördern
  • Kommunikationsfähigkeit, um klare Botschaften zu vermitteln, Unsicherheiten zu reduzieren und Prozesse effizient zu steuern

Fach- und Methodenkompetenzen:

  • Strategische und organisatorische Kompetenzen, um komplexe Prozesse zu strukturieren und strategisch zu denken
  • Entscheidungs- und Gestaltungskompetenz sowie Kreativität, um innovative Lösungen zu entwickeln und Veränderungen zu gestalten

Technisch-digitale Kompetenzen:

  • Grundlegendes Verständnis digitaler Tools und Technologien als unterstützende Werkzeuge
  • Fähigkeit, technische Anforderungen strategisch zu bewerten und in die Prozesse zu integrieren

Fazit: Führung im digitalen Wandel – eine soziale Aufgabe

Die Ergebnisse der Masterarbeit zeigen, dass die sozialen Aspekte der Führung in der Digitalisierung der Erwachsenenbildung teilweise in der Literatur noch unterschätzt werden. Führungskräfte müssen nicht nur technologische Herausforderungen meistern, sondern vor allem ihre Teams durch diese Unsicherheiten und die Geschwindigkeit des Wandels führen.

Die Digitalisierung bleibt ein fortlaufender Prozess. Führungskräfte in der Erwachsenenbildung haben bereits beeindruckende Fortschritte gemacht – und ihre Rolle wird entscheidend sein, um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten. Die Zukunft liegt in ihren Händen – nicht nur, um Technologien einzuführen, sondern vor allem, um Menschen durch Veränderung zu führen.

Die Autorin untersuchte in ihrer Masterarbeit die persönlichen Weiterbildungsbedürfnisse und -bedarfe von Führungskräften in der Erwachsenenbildung im Kontext der Digitalisierung. In der Arbeit wurden individuelle Perspektiven sowie organisationsübergreifende Gemeinsamkeiten herausgearbeitet. Die Ergebnisse leisten einen Beitrag zur Weiterbildungsforschung und bieten praxisrelevante Impulse für die Erwachsenenbildung. Die Arbeit wurde als "Herausragende Masterarbeit"  an der RPTU gewürdigt.

CC BY-SA 3.0 DE by Annika Dürr für wb-web (2025)


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