Susanne Witt News

Auspacken – Was bringen Geflüchtete mit?

Das Bild zeigt das Logo des Kurzberichts IAB.

Logo IAB © Institut für Arbeitsmarkt - und Berufsforschung (IAB)

Der IAB-Kurzbericht 15/2016 fokussiert Lebenslagen, Erfahrungen, Ziele und Zukunftserwartungen nach Deutschland Geflüchteter.  Warum sind sie geflüchtet? Warum wählten sie Deutschland? Was erwarten sie von Deutschland? Was bringen sie mit? Auch wenn die Geflüchteten sehr unterschiedliche Voraussetzungen für einen Neuanfang mitbringen, sind ihren Antworten eine hohe Arbeitsmotivation sowie die Bereitschaft zur Integration zu entnehmen. Alle wollen schnell die neue Sprache lernen. Frauen legen viel Wert auf die neugewonnene Gleichberechtigung. 123 geflüchtete Menschen und 26 Experten aus der Flüchtlingsarbeit standen Rede und Antwort.
 

Die Fluchtmotive sind je nach Herkunftsland sehr unterschiedlich. Geflüchtete aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Pakistan berichten von Krieg, Terror sowie politische, religiöse oder ethnische Verfolgung. Aus dem Iran stammende Flüchtlinge zählen häufig zu religiösen Minderheiten, wie zum Beispiel Christen. In Eritrea herrscht ein diktatorisches Regime. Menschen aus den Balkan-Ländern sehen ihre wirtschaftliche Perspektivlosigkeit oder ihre Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit als Fluchtmotiv.

Jeder zweite Befragte entschied sich vor seiner Flucht bewusst für Deutschland als Ziel. Die andere Hälfte steuerte, wenn überhaupt Zeit für eine Planung blieb, ursprünglich andere Zielländer an, wie Türkei, Griechenland, Schweden oder Dänemark. Von Deutschland versprechen sie sich ein Leben in Sicherheit und Frieden. Aber auch die Zukunftsperspektiven in der Wirtschaft und Bildung für die Kinder gaben oft den Ausschlag für den Weg nach Deutschland.

Die Geflüchteten bringen sehr unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen und Wertvorstellungen mit, zum Beispiel bei den Geschlechterrollen. Menschen aus langjährigen Krisengebieten hatten nur schwer Zugang zu Bildung oder geregelter Erwerbstätigkeit. Geflüchtete aus Syrien, Irak und Iran weisen häufig einen mit Deutschland vergleichbaren Bildungsstand wie Abitur und Hochschule vor. In einer Studie des Bundesamts für Migragtion und Flüchtlinggeben etwa zwanzig Prozent der Geflüchteten an einen Hochschulabschluss und weitere zwanzig Prozent an ein Abitur  als höchsten Bildungsabschluss an. Im Vergleich hierzu weisen 27 Prozent der  Flüchtlinge aus Syrien bzw. 35 Prozent aus dem Iran einen Hochschulabschluss nach. (Quelle: Die BAMF-Kurzanalyse als PDF-Dokument)     Ethnischen oder religiösen Minderheiten wurde in ihren Heimatländern oft der Zugang zu Bildung verweigert oder beschränkt, wie zum Beispiel in Afghanistan oder Somalia.

Vor dem Hintergrund der Kriegs- und Terrorerfahrung sieht die Mehrheit der Befragten die in Deutschland gelebten Werte, wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sowie Familienwerte, für sich positiv.

Differenzierter fallen die Antworten auf Gleichberechtigung und Geschlechterrollen aus. So musste bei etwa einem Drittel der Interviews mit Frauen der Ehemann oder ein anderes männliches Familienmitglied anwesend sein. Dieses Verhaltensmuster war vom Bildungsstand abhängig. Insbesondere bei männlichen Befragten aus arabischen Herkunftsländern kann Gleichstellung von Mann und Frau als abstraktes Konstrukt akzeptiert werden und dabei doch im praktischen Leben aufgrund tief verwurzelter traditioneller Werte Irritationen und Verunsicherung bis hin zu Ablehnung hervorrufen.  

An der Studie beteiligten sich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gemeinsam mit dem Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) sowie dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin. Das Münchner Sozialforschungsinstitut QMR befragte 123 Geflüchtete und 26 Experten in eineinhalb- bis zweistündigen Interviews. Ob die befragten Geflüchteten Antworten gaben, von denen sie ausgehen, dass diese so gewünscht wurden, ist unklar.

Leider ist der IAB-Kurzbericht nicht mehr online verfügbar.

  CC BY-SA 3.0 DE von Susanne Witt für wb-web (2016), letzte Aktualisierung von Lars Kilian (2023, Prüfung Links und Korrektur bei fehlendem Link)