Susanne Witt
Blog
Welche Verpflichtungen ergeben sich aus dem AI-Act für Bildungseinrichtungen und Lehrende

AI-Act EU (KI-generiertes Bild zu AI-Act und EU)
Künstliche Intelligenz erobert zunehmend die Arbeitswelt – auch in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Der AI-Act regelt die Verpflichtung der Unternehmen, dass Mitarbeitende, die mit KI-Systemen arbeiten, über grundlegende KI-Kenntnisse verfügen. Was bedeutet das für die KI-gestützte Verwaltung von Bildungseinrichtungen und den Einsatz von KI im Lehr-Lern-Prozess?
Was ist der AI-Act?
Ziel des EU-Gesetzes ist die Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf europäischer Ebene. Darin ist festgelegt, wie KI eingesetzt und verwendet werden darf. Die KI-Anwendungen und -Systeme werden hierzu in vier Kategorien unterteilt:
- Unvertretbares Risiko (Die KI-Systeme sind verboten.)
- Hohes Risiko (Diese Systeme unterliegen strengen Vorschriften und umfassen Anwendungen wie biometrische Identifizierung und kritische Infrastrukturen.)
- Begrenztes Risiko (Diese KI-Systeme haben Transparenzpflichten, wie z.B. die Verpflichtung, Nutzende darüber zu informieren, dass sie mit einer KI interagieren. Hierzu zählen z.B. Chatbots.)
- Minimales Risiko (Diese Systeme sind weitgehend unreguliert und umfassen die meisten derzeit verfügbaren KI-Anwendungen, wie z.B. KI-gestützte Spam-Filter.) (Future of Life Institute, 2024).
„Die Klassifizierung von Hochrisiko-KI-Systemen betrifft im Bildungsbereich im wesentlichen KI-Systeme zur Zulassung von Personen, zur Benotung von Prüfungsleistungen, zur Bildungspotenzialanalyse und zum Erkennen von Verletzungen der Prüfungsregeln. Derartige Systeme sind im formalen Bildungsbereich stärker vertreten als in der Erwachsenenbildung …“ (Aschemann, 2025).
In der allgemeinen Erwachsenenbildung können Mitarbeitende in Bildungseinrichtungen und Lehrende können mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Lehr-Lern-Prozess sowie der KI-gestützten Verwaltung von Bildungsangeboten mit den Kategorien „Begrenztes Risiko“ und „Minimales Risiko“ konfrontiert werden.
Welche Verpflichtungen ergeben sich aus dem AI-Act?
Mit dem AI-Act nimmt die EU
- Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen, die KI-Komponenten enthalten,
- Betreiber von KI für unternehmerische Zwecke, wie z.B. ChatGPT am Arbeitsplatz
- Händler und
- Importeure von KI-Systemen
in die Pflicht, Mitarbeitende zu schulen, so dass diese über die notwendigen KI-Kompetenzen verfügen. Das bedeutet, dass sie in der Lage sein müssen, KI-Systeme sachkundig zu nutzen und die damit verbundenen Chancen und Risiken erkennen können. So müssen alle Mitarbeitenden entsprechend ihrer Beschäftigung und im Rahmen der Risikokategorie befähigt werden, z.B. die Entwicklung, der Implementierung und Nutzung von KI im Unternehmen auszuführen. Dies gilt für alle Unternehmensgrößen sowie alle Risikoklassen der KI (IHK Köln, 2025).
Anbieter für KI-Modellen für allgemeine Zwecke müssen:
- Eine technische Dokumentation erstellen und aktuell halten (Technische Dokumentation gemäß Artikel 53 Abs.1 a – Technische Dokumentation für Anbieter von KI-Modellen für allgemeine Zwecke) Auf Anfrage ist diese dem AI-Büro und den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung zu stellen. (Ausnahme: Diese Regelung gilt nicht für Anbieter von KI-Modellen, die unter einer freien und quelloffenen Lizenz veröffentlicht werden. Von der Ausnahme wiederum ausgenommen sind KI-Modelle für allgemeine Zwecke mit systemischen Risiken.)
- Bei einer beabsichtigten Integration von Mehrzweck-KI-Modellen (wie z.B. GPT4 oder Bert) in KI-Systeme von Anbietern für diese Informationen und Unterlagen erstellen, aktualisieren und zur Verfügung stellen. Ziel ist es, dass Anbieter von KI-Systemen in die Lage versetzt werden, die Fähigkeiten und Grenzen des KI-Modells für allgemeine Zwecke zu verstehen und somit ihren Verpflichtungen entsprechend dem AI-Act nachkommen können. (Vorlage für eine Dokumentation). (Ausnahme: Diese Regelung gilt nicht für Anbieter von KI-Modellen, die unter einer freien und quelloffenen Lizenz veröffentlicht werden. Von der Ausnahme wiederum ausgenommen sind KI-Modelle für allgemeine Zwecke mit systemischen Risiken.)
- Regelungen treffen, die bestehende Rechte wie Urheberrecht und verwandte Schutzrechte sichern
- eine Dokumentation erstellen, mit den für das Training verwendeten Inhalten des allgemeinen KI-Modells, entsprechend der Vorlage des Amtes für KI und diese öffentlich zugänglich zu machen (Vgl. Future of Life Institut, 2025).
Was bedeutet die Transparenzpflicht?
Der AI-Act verlangt, dass Unternehmen die Nutzung von KI offenlegen und darüber informieren, ob Inhalte (z.B. Texte oder Bilder) von Menschen oder mit Hilfe von KI erstellt wurden. Entsprechend sind diese Inhalte zu kennzeichnen: „Dieser Text wurde mithilfe von KI erstellt“. Hilfreich ist zudem die offene Kommunikation mit den Zielgruppen, warum KI eingesetzt wird und welche Vorteile man sich für die eigene Zielgruppe und das Unternehmen erhofft (Sommer, 2024).
Sinnvoll ist in jedem Fall der KI-Nutzung eine Prüfung der Inhalte unter urheberrechtlichen Aspekten wie z.B. eine Bildrückwärtssuche und eine anschließende Prüfung möglicher Lizenzbedingungen.
Was sind grundlegende KI-Kompetenzen?
Laut dem AI-Act zählen zu den grundlegenden KI-Kompetenzen:
- Umgang mit KI-Systemen: Verstehen, wie KI-Systeme funktionieren und wie man sie effektiv nutzt (z.B. Erkennen von KI-Systemen und Risikoklassen)
- Erkennen von Chancen und Risiken: Bewusstsein für die Potenziale und Gefahren von KI, einschließlich ethischer und datenschutzrechtlicher Aspekte (z.B. Erkennen von Halluzination von KI, Urheberrecht)
- Verantwortungsvolle Entscheidungen treffen: Auf Basis des Wissens über KI-Systeme und deren Auswirkungen fundierte Entscheidungen treffen
Welche KI-Kompetenzen Inhalte in Unternehmen den einzelnen Mitarbeitenden vermitteln werden, kann sich an den Risikoklassen der jeweils verwendeten KI und ihrem Einsatz orientieren.
Wie ermittelt man den Schulungsbedarf?
Unternehmen, wie z.B. Bildungseinrichtungen, und Lehrende müssen zunächst die Anforderungen und Arbeiten für den Einsatz von KI seitens der Mitarbeitenden definieren:
- Für welche Zwecke soll eine KI eingesetzt werden?
- Welches KI-Tool soll verwendet werden?
- Welcher Risiko-Kategorie entspricht die KI-Anwendung?
- Wer soll die KI nutzen?
- Wie sind der aktuelle Wissenstand und wie hoch die KI-Kompetenz der betreffenden Person bzw. des Teams?
Für Bildungseinrichtungen können KI-Modelle zur Unterstützung von Verwaltungsabläufen zum Einsatz kommen, um Arbeitsprozesse zu automatisieren, die Entscheidungsfindungen zu verbessern und Dienstleistungen zu optimieren. Beispiele sind Chatbots oder automatisierte Dokumentenanalysen. Generative KI kann Texte zusammenfassen, Recherchen unterstützen, Texte generieren, etc. (Vgl. Heiwig, 2024).
Lehrende können a) ihre Kursplanung mit KI vorbereiten und b) KI bzw. verschiedene KI-Systeme zum Inhalt ihres Kursangebots machen.
Basierend auf dieser Analyse können entsprechende Schulungen angeboten und durchgeführt werden.
Wie kann die eigene Unternehmenskultur die Verwendung von KI prägen?
Unternehmen können Leitlinien einführen, die den Umgang mit KI-Systemen definieren in Bezug auf ethische Fragen, Datenschutz, Urheberrecht, allgemeine Standards, Vorgehens- und Verhaltensweisen. Diese Leitlinien sollten allen Beteiligten in geeigneter Form, z.B. schriftlich, zugänglich gemacht werden.
Hilfreich ist zudem die Einrichtung einer zentralen Ansprechstelle, wie z.B. ein*e KI-Beauftrage*r. Hier könnten Schulungen koordiniert und Fragen zu KI-Systemen geklärt werden. Ebenso kann diese Stelle die Einhaltung der unternehmensinternen KI-Standards sowie des AI-Acts überwachen und für die Dokumentation verantwortlich sein (Bitkom Akademie, 2025).
Wie erfolgt der Nachweis der Vermittlung von KI-Kompetenzen?
Aktuell besteht die Pflicht, Mitarbeitende beim Einsatz von KI entsprechend mit KI-Kompetenzen auszustatten (EU, 2024). Allerdings sieht der AI-Act keine Nachweispflicht vor. Trotzdem lautet die Empfehlung für Unternehmen, Schulungsmaßnahmen, Inhalte und Umsetzungen zu dokumentieren. Diese Dokumentationen können als Nachweis dienen, um mögliche Haftungsrisiken zu minimieren. Haftungsrisiken können entstehen, wenn unzureichend geschulte Mitarbeitende Schäden verursachen (Bitkom Akademie, 2025).
Wann treten die einzelnen Kapitel des AI-Acts in Kraft?
Der AI-Act der Europäischen Kommission wurde am 13. Juni 2024 verabschiedet und tritt in mehreren Stufen in Kraft:
- Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen wie Gegenstand und Anwendungsbereich sowie Begriffsbestimmungen) und II (Anforderungen an KI-Systeme wie Risikobasierte Klassifizierung, Transparenzpflichten, Sicherheitsanforderungen) gelten ab dem 2. Februar 2025
- Kapitel III Abschnitt 4 (Notifizierende Behörden und Stellen), Kapitel V (Allgemeine KI-Modelle – Einstufung von KO-Modellen für allgemeine Zwecke als solche mit systemischem Risiko und die Anforderungen an technische Dokumentation und Transparenz), Kapitel VII (Governace – Strukturen und Mechanismen für die Überwachung und Durchsetzung des AI-Acts) und Kapitel XII (Schlussbestimmungen) sowie Artikel 78 (Vertraulichkeit) gelten ab dem 2. August 2025, mit Ausnahme des Artikels 101;
- Artikel 6 Absatz 1 und die entsprechenden Pflichten gemäß dieser Verordnung gelten ab dem 2. August 2027.
Weiterführende Literatur und Fundstellen
- Kompetenzplattform KI.NRW
- AI Village
- Mittelstand-Digital-Zentren
- DIHK – Was Unternehmen beim Umgang mit generativen KI-Anwendungen beachten sollten
- KI.NRW – Infopaper AI-Act – Was Unternehmen jetzt wissen müssen
- Bitkom: Umsetzungsleitfaden KI-Verordnung – Schritt für Schritt
- Feiler, L. & Forgó, N. (2024). KI-VO. EU-Verordnung über künstliche Intelligenz. Kommentar. Wien: Verlag Österreich. 656 Seiten. ISBN: 978-3-7046-9400-3
Quellen
Aschemann, B. & Lamprecht, K. (2025). KI-Verordnung umfassend erklärt: Kommentar zum AI-Act.
Bitkom Akademie (2025). Sicherstellung der KI-Kompetenz als Arbeitgeberpflicht: Das müssen Unternehmen wissen.
Future of Life Institute (Hrsg.) (2024). EU Artificial Intelligence Act. High-Level summary of the AI Act.
Heiwig, L. (2024). KI in der öffentlichen Verwaltung.
Intersoft Consulting (Hrsg.) (2024). Verordnung über künstliche Intelligenz – KI-Verordnung.
IHK Köln (2025). Verpflichtung im AI-Act: KI-Kompetenz im Unternehmen.
Sommer, K. (2024). EU AI Act: Das bedeutet die Verordnung für Deine NGO. FUNDRAISINGBOX.
Digitalisierung in der Erwachsenenbildung
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Mit Smartphone,
Tablet und Laptop bringen Teilnehmende heute ganz selbstverständlich ihre
eigenen digitalen Geräte mit in Kurse und Trainings, Workshops und Vorträge –
unabhängig vom Thema. Für Erwachsenenbildung und Weiterbildung bieten sich
damit neue Chancen für das Lernen, das abwechslungsreicher, individueller und
kreativer gestaltet werden kann. Auch die Lehrenden können von digitalen Medien
profitieren, wenn sie um die neuen Möglichkeiten wissen und professionelle
Vernetzungsangebote kennen.
Recht in der Weiterbildung
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Immer wieder begegnen Lehrende mit einem großen Unbehagen in ihrer täglichen Arbeit Rechtsfragen. Die grundlegende Bedarfsstudie zum Aufbau des Portals wb-web aus dem Jahre 2014 bestätigte den Bedarf an Informationen zu gesetzlichen Regelungen und Möglichkeiten. Besteht in Deutschland ein Rechtsanspruch auf (Weiter-)Bildung? Die Antwort auf diese Frage lautet „Nein“, wenn man im Grundgesetz nach einem Recht auf Bildung sucht. Die deutsche Gründlichkeit am Abgrund, möchte man meinen. Und doch existiert ein Bildungsrecht, wenn auch verteilt auf viele Zuständigkeiten bei Bund und Ländern. Mit dem Dossier „Recht in der Weiterbildung“ erhalten Lehrende und Bildungsinstitutionen einen Orientierungsleitladen für die Praxis.