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Was ein anerkanntes Fernunterrichtsangebot auszeichnet

Der Bundesgerichtshof (BGH) bewertete in einem Urteil vom 12. Juni 2025 einen Coaching-Vertrag als unwirksam, weil der Anbieter keine Zulassung der staatlichen Zulassungsstelle für Fernunterricht (ZFU) hatte, obwohl das Angebot selbst die Voraussetzungen für Fernunterricht erfüllte. Damit bestätigte der BGH die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart. Wann eine Zulassung notwendig ist, regelt das Gesetz zu Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG). Wie begründet der BGH das Urteil?

Das FernUSG regelt in Deutschland Rechte und Pflichten der Anbieter und Teilnehmenden beim Fernunterricht. Es soll Teilnehmenden von Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes dienen und trat 1977 in Kraft. Es bestimmt unter anderem, dass Fernlehrgänge eine staatliche Zulassung benötigen und definiert die Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge.

Das Gesetz findet auch auf unentgeltlichen Fernunterricht Anwendung (vgl. ebd.)

Treffen diese Punkte auf ein Lernangebot zu, bedarf es einer Zulassung durch die ZFU. Keiner Zulassung bedürfen Fernlehrgänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen (FernUSG §12 Abs. 1)

Ohne Zulassung sind Verträge mit Teilnehmenden, auch mit Unternehmen (vgl. BGH 2025, 16ff), nichtig, wie der BGH im Juni 2025 entschied (vgl. BGH 2025, III ZR 109/24). Demnach lag dem Angebot „keine Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Fernunterrichtsschutzgesetz (im Folgenden: FernUSG) vor“ (BGH 2025, S. 2), obwohl es sich bei dem Angebot laut BGH um Fernunterricht handelte.

Kriterien: Wissensvermittlung, räumliche Trennung, Lernerfolgskontrolle

Das BGH verweist in seinem Urteil weiterhin auf die Rolle der „Wissensvermittlung“ (im FernUSG §1 als „Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten“) gegenüber persönlicher Beratung: „inwieweit sogenannte Coaching- oder Mentoring-Angebote, bei denen der Schwerpunkt auf der individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Kunden liegt, auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG gerichtet sind (…), kommt es nicht an, weil vorliegend die Wissensvermittlung gegenüber einer individuellen und persönlichen Beratung und Begleitung des Teilnehmers deutlich im Vordergrund steht (BGH 2025, S. 10).

Die räumliche Trennung sieht das BGH im vorliegenden Fall gegeben, verweist auch darauf, dass aufgezeichnete synchrone Unterrichtsanteile, die zusätzlich den Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden, als asynchroner Unterricht zu behandeln sind, da diese zeitversetzt angeschaut werden können und eine synchrone Teilnahme damit entbehrlich machen (vgl. BGH 2025, S. 12f.).

Hinsichtlich der Überwachung des Lernerfolgs „ist das Tatbestandsmerkmal der Überwachung des Lernerfolgs weit auszulegen und bereits dann erfüllt, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, zum Beispiel in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten (…). Es genügt eine einzige Lernkontrolle“ (BGH 2025, S. 13).

Für Anbieter bedeutet dies, dass sie genau prüfen sollten, ob das jeweilige Angebot unter das FernUSG fällt und eine Anmeldung der ZFU vorausgehen muss.

Reformforderungen des Bundesverbands der Fernstudienanbieter

Der Bundesverband der Fernstudienanbieter e.V. fordert eine Reform des FernUSG und veröffentlichte ein Positionspapier zur Modernisierung des FernUSG (vgl. Bundesverband der Fernstudienanbieter 2025b). Dazu zählen eine klare Abgrenzung des Anwendungsbereichs sowie eine Modernisierung und Entbürokratisierung des FernUSG. Karsten Theil, Politischer Referent des Bundesverbands der Fernstudienanbieter wird mit der Aussage zitiert „Das Urteil schafft Klarheit – aber auch akuten Handlungsbedarf.“ Mit der ZFU Zulassungspflicht „steigen die Anforderungen – aber auch die Chancen auf mehr Qualität und Verbraucherschutz“ (vgl. Bundesverband der Fernstudienanbieter 2025a).

Quellen

BGH (2025). Urteil III ZR 109/24. https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=e89cb29248fe08b7eb0a545dc5b0e628&nr=142531&anz=1&pos=0

Bundesverband der Fernstudienanbieter (2025a). Bundesverband fordert Reform des FernUSG. https://www.fernstudienanbieter.de/news/10768/bundesverband-fordert-reform-des-fernusg

Bundesverband der Fernstudienanbieter (2025b). Positionspapier zur Modernisierung des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG): Qualität sichern. Zukunft gestalten. https://resources.istis.de/fdl/stellungnahmen/positionspapier%20modernisierung%20fernusg_sommer%202025.pdf

 FernUSG, Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht Fernunterrichtsschutzgesetz - FernUSG). https://www.gesetze-im-internet.de/fernusg/BJNR025250976.html


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