Monika Fischer Blog

Mapping OER: Das Ende eines großartigen Projekts – der Auftakt für OER in Deutschland?

Logo des Projektes Mapping OER

Logo des Projektes Mapping OER (Bild: mapping-oer.de/CC BY 4.0)

Hochkarätige Gäste, spannende Sessions und eine makellose Organisation. Die Abschlussveranstaltung des Projekts „Mapping OER“ setzt die Messlatte für den Rest des Tagungsjahres 2016 hoch. Aber alles der Reihe nach.

 

Seit April 2015 sammelte das Projekt Mapping OER in mehreren Workshops Einschätzungen und Meinungen von OER Experten und Bildungspraktikern. Ziel des Projektes war es, den Wissensstand zum Thema OER auszubauen und davon ausgehend Lösungen zur Integration von OER in die pädagogische Praxis auszuarbeiten. Die Ergebnisse des Projekts wurden auf der Veranstaltung am 22.01.2016 im Berliner Quadriga Forum präsentiert und diskutiert. Ende Februar 2016 wird dann der Praxisrahmen OER erscheinen, der die Ergebnisse des Projekts zusammenfasst. Als Leitfaden wird er darüber hinaus umfassende Tipps bieten, wie OER besser in die pädagogische Praxis integriert werden können.

 

Mapping OER – ein Projekt an der Schnittstelle von Politik, Wissenschaft und Praxis

 

Den Start der Veranstaltung bildete eine Begrüßung durch Christian Rickerts, dem Vorstand von Wikimedia Deutschland. Er skizzierte die Eckpunkte des Projekts Mapping OER und unterstrich dabei die hohe Bedeutung, die Wikimedia seit 2013 dem Thema OER beimisst.

 

Anschließend folgte eine Einführung in das Thema OER von Gabriele Hausdorf, ihres Zeichens Leiterin des Referats „Förderung von digitalem Lernen und Medienbildung“ im BMBF. Sie verwies auf die Arbeit einer vom KMK eingerichteten Arbeitsgruppe, die sich ebenfalls seit 2013 mit dem Thema OER befasst. Die AG hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Potentiale von OER hingewiesen und sich für einen stärkeren Einsatz in der Praxis stark gemacht. Gleichzeitig hat die Arbeit der AG Fragen aufgeworfen. Diese sind zu beantworten, bevor ein umfassender Einsatz von OER in der Praxis Realität werden kann. Die Fragen lassen sich in vier Themengebiete einteilen, welche als Forschungsschwerpunkte das Projekt Mapping OER strukturierten:

 

  • Lizensierung/Rechtssicherheit
  • Qualitätssicherung
  • Qualifizierungsmodelle für Multiplikatoren
  • Finanzierung/Geschäftsmodelle

 

Die Erwartungen an das Projekt Mapping OER waren also groß. Aber nach den Eindrücken der Fachtagung und den dort präsentierten Ergebnisse zu urteilen, wird das Projekt diesen gerecht. Schon vor seinem Ende hat das Projekt erste Folgen auf politischer Ebene: So sind Ergebnisse in eine Richtlinie zur Förderung von Offenen Bildungsmaterialien des BMBF eingeflossen. Sie setzt sich zum Ziel die „breite Sichtbarmachung der mit OER verbundenen Potenziale“ und den „Aufbau von Kompetenzen zur Nutzung, Erstellung und Verbreitung von offenen Bildungsmaterialien“ voranzubringen. Mit diesem Schritt, so Gabriele Hausdorf, sind die Voraussetzungen geschaffen um neue Impulse für das Thema OER in Deutschland zu setzen. Die engagierte Einleitung zum Thema ebenso wie die Anwesenheit von Frau Hausdorf über die gesamte Fachtagung hinweg, sind ein gutes Zeichen: Die OER Community kann sich freuen auf politischer Ebene eine ebenso interessierte wie engagierte Befürworterin des Themas gefunden zu haben.

 

Mapping OER – ein Projekt mit klarem Ziel und vielfältigen Schwerpunkten

 

Elli Köpf und Valentin Münscher – die Koordinatoren des Projekts – gaben im folgenden Teil der Veranstaltung einen Überblick über den Aufbau und die Ergebnisse des Projekts. Ziel des Projekts war es, den Wissensstand zum Thema OER durch einen konzentrierten Dialog von Theorie und Praxis auszubauen: Dazu wurde auf Vernetzung und interdisziplinäres Arbeiten gesetzt. So gelang es über das Projektjahr hinweg den Kreis derjenigen, die über OER sprechen und sich damit befassen erweitern und Innovationsprozesse initiieren. Den Abschluss der insgesamt drei Projektphasen, die sich anhand der Schlagwörter Analyse – Dialog – Synthese gegeneinander abgrenzen lassen, bildet die Veröffentlichung des OER Praxisrahmens Ende Februar 2016. In ihm werden die Ergebnisse der vier Forschungsschwerpunkte aufgegriffen.

 

OER in die Praxis tragen bedeutet: Lizenzen verständlich machen und Qualität sichern

 

Bezogen auf das Thema Lizensierung/Rechtssicherheit ist dies z.B. die These, dass der Einsatz von OER oftmals noch am fehlenden Verständnis für das Urheberrecht sowie den verschiedenen Formen der Creative Commons Lizenzen scheitert. Erkenntnisse aus den Workshops weisen darauf hin, dass hier Sensibilisierung für das Thema aber auch Beratungsangebote dazu beitragen würden, Praktikern Sicherheit im Umgang mit OER zu geben. Die Einbettung des Themas OER in die Organisationsentwicklung von Bildungseinrichtungen könnte darüber hinaus nachhaltig zur Nutzung von OER beitragen, indem sie ein Bewusstsein für deren Vorteile schafft. Noch fehlen aber Strategien zur Organisationsentwicklung, die das Thema OER aufgreifen.

 

Beim Forschungsschwerpunkt Qualitätssicherung wurde darauf verwiesen, dass vor allem eine gute Praxis des Lehrens- und Lernens für den Lernerfolg von Bedeutung ist. Die Qualität des Materials trägt sicher zum Lernerfolg bei, ist aber weniger zentral als die Qualität des Lehr- und Lernprozesses. Gleichzeitig fordern viele Lehrende eine qualitätsgeprüfte Grundlage ihres Unterrichts ein. Ob qualitätsgesichertes Material eine umfassende Sicherheit für gelingendes Lernen bereitstellen kann, ist indes eine offene Frage. Unterschieden wurde hier zwischen einer inhaltlichen Richtigkeit des Materials und seiner Vollständigkeit. Ersteres ist, folgt man den Ergebnissen des Projekts, für die Lehrenden von hoher Bedeutung. Bei letzterem Punkt – also der Frage ob Material vollständig oder unvollständig sein sollte – war sich das Publikum weniger einig. Schließlich böten gerade unvollständige Materialien große Chancen für kooperative Lernprozesse und echte Open Educational Practices. Ergänzt wurden diese beiden Qualitätskriterien noch durch das Kriterium Auffindbarkeit des Materials – denn was nutzen die besten OER, wenn sie nicht gefunden werden können.

 

OER in die Praxis tragen bedeutet: Lehrende und Entrepreneure für das Thema gewinnen

 

Eine Schnittstelle zu den anderen drei Forschungsschwerpunkten stellen die Themen Qualifizierungsmodelle für Lehrende sowie Finanzierungs-/Geschäftsmodelle dar. Kernfrage beider Themengebiet ist, wie Lehrende bzw. Entrepreneure für das Thema OER gewonnen werden können.

 

Bei den Qualifizierungsmodellen lassen sich dabei zwei Diskussionsstränge unterscheiden: Top-down geht es darum den Qualifizierungsbedarf bei den Lehrenden auszuloten und dann zu überlegen wie Lehrende qualifiziert werden sollen. Qualifizierungsbedarf wird in dieser Diskussion vor allem zu rechtlichen und technischen Fragen gesehen. Gerade in diesem Bereich gibt es aktuell kaum Weiterbildungsangebote für Lehrende, auch Möglichkeiten zur informellen Qualifikation fehlen weitgehend. Der zweite Diskussionsstrang zur Qualifizierung der Lehrenden nähert sich dem Thema Bottom-up und fragt danach was OER eigentlich für die Praxis „sexy“ machen. Abseits von Fortbildungsangeboten – so die Argumentation hier – sollte es darum gehen den praktischen Mehrwehrt von OER für den Lehralltag aufzuzeigen. Das Qualifizierungsinteresse stelle sich dann als Nebeneffekt ein. Folglich sollte das Thema OER als Querschnittsthema verstanden werden, dass über alle Fortbildungen zum Thema Lehren und Lernen mitgedacht werden muss.

 

Beim Thema Finanzierungs-/Geschäftsmodelle drehte sich die Diskussion darum, dass es zwar viele Förderprojekte, aber wenig funktionierende Geschäftsmodelle gibt. Zentrale Frage war hier, ob das Modell „Frei aber nicht kostenlos“ eine Basis solcher Modelle sein könnte. Ähnlich wie beim Thema Qualifizierungsmodelle steht und hängt der Erfolg von OER, so das Fazit der Diskussion, damit, dass ein attraktives Wirkversprechen zu OER gefunden wird. Erst wenn Mehrwert und Benefits von OER aufgezeigt werden können, entsteht der nötige Anreiz sie praktisch einzusetzen und mit ihnen ein Geschäft zu machen.

 

Ob der Praxisrahmen OER es schafft erste Hinweise auf solche Wirkversprechen zu formulieren, bleibt abzuwarten. Nach einer spannenden Tagung darf man auf jeden Fall darauf gespannt sein!

 

Das von der Bertelsmann Stiftung, Internet & Gesellschaft Co:llaboratory, MinD-Stiftung, Open Knowledge Foundation Deutschland und Technologiestiftung Berlin in Kooperation mit open-educational-resources.de – Transferstelle für OER herausgegebene “Whitepaper OER in der Weiterbildung/Erwachsenenbildung – Bestandsaufnahme und Potenziale von OER” finden Sie zudem hier.

Der Blogbeitrag erschien zuerst im Blog für Aus- und Weiterbildung der Bertelsmann Stiftung unter der CC BY SA 4.0 Lizenz.

Zuletzt überprüft August 2023 S. Witt
 


Das könnte Sie auch interessieren

Folge 1 des Dossiers Digitalisierung in der Erwachsenenbildung: Open Educational Resources (OER)

Logo für OER mit bunten Händen

Computer erleichtern das Arbeitsleben ungemein, schnell ist ein Text erstellt, kopiert, weitergeschickt. Aber nicht jeden Text, den ich kopiere, darf ich als Trainerin oder Kursleiter beliebig oft an meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer weitergeben. Weder als Ausdruck noch in digitaler Form. Damit Lehrende nicht ständig Gefahr laufen, die Grenzen des Urheberrechts zu überschreiten, gibt es die sogenannten Open Educational Resources, kurz OER. Das sind offene, also frei verfügbare Bildungsressourcen, die unter bestimmten Bedingungen genutzt, weitergegeben und verändert werden dürfen. Wie man OER findet, wie man sie in Lernarrangements einsetzen kann und was es dabei zu beachten gibt, ist Thema dieser Folge des Dossiers "Digitalisierung in der Erwachsenenbildung".