Chris Nowacki
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Umsatzsteuerbefreiung für Lernveranstaltungen konkretisiert
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 24.10.2025 den Umsatzsteuer-Anwendungserlass zu § 4 Nr. 21 UStG sowie ein dazugehöriges Informationsblatt zu § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG veröffentlicht. Hinter den sperrigen Ausdrücken und den insgesamt 19 Seiten Gesetzestext verbirgt sich aber eine erfreuliche Botschaft für die Weiterbildungslandschaft in Deutschland: Diese neuen Regelungen sichern und konkretisieren die Umsatzsteuerbefreiung für Weiterbildungsangebote. Nach § 4 Nr. 22a UStG kann eine Veranstaltung von der Umsatzsteuer befreit werden, wenn folgende drei Kriterienbereiche – unabhängig von der jeweiligen Gewichtung – erfüllt sind:
1. Inhalt der Veranstaltung
- Das Thema ist bildungsrelevant (z. B. Sprachen, Politik, Gesellschaft, Gesundheit, Kultur).
- Die Inhalte könnten auch in schulischen, akademischen oder beruflichen Kontexten vermittelt werden.
- Der Veranstaltung liegt ein pädagogisch-didaktisches Konzept zugrunde. Dazu gehören:
- Planung der Lerninhalte; es gibt eine strukturierte Veranstaltungsplanung mit definierten Inhalten,
- Bestimmung der Lernziele; die Veranstaltung verfolgt erkennbare und klar definierte Lernziele insbesondere entlang der Vorgaben der Bildungsgesetze des Bundes und der Länder und den dazugehörigen Regelungen,
- Berücksichtigung der Zielgruppe, z. B. bei heterogenem Vorwissen der Teilnehmenden evtl. binnendifferenzierte Lerneinheiten,
- Festlegung der Rahmenbedingungen, z. B. rechtliche, räumliche, zeitliche Vorgaben, und
- Auswahl geeigneter Methoden und Medien, z. B. die Wahl der den Lernzielen dienlichen Sozial- und Veranstaltungsform.
2. Zielsetzung der Veranstaltung
- Der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf einer Wissens- und Kompetenzvermittlung, z. B. bei einem Sprachkurs, und initiiert hierbei einen Lernprozess.
- Die Veranstaltung bietet nicht lediglich den organisatorischen Rahmen für eine Gelegenheit zum Ausüben einer Freizeitaktivität („bloße Freizeitgestaltung“), wie z. B. animierte Tanzabende, eine bloße Produktherstellung (u. a. das Töpfern einer Vase, die Fertigung eines Adventskranzes), das bloße Ausüben einer Tätigkeit (u. a. Kochen, Kalligraphieren).
- Bei der Veranstaltung steht nicht lediglich die Möglichkeit im Vordergrund, gemeinsam mit anderen Sport zu treiben; Sporttraining, Sportkurse und Sportlehrgänge können als sportliche Veranstaltungen – wie auch kulturelle Veranstaltungen, z. B. gemeinsames Singen und Musizieren - unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchstabe b UStG steuerfrei sein.
3. Objektive Eignung der Lehrkraft
- Die Lehrkraft verfügt über fachliche und pädagogische Qualifikationen. Diese können durch ein Studium, eine Ausbildung, einen Berufsabschluss sowie durch nachweisbar langjährige Erfahrung, persönliches Engagement oder spezifische Lebenserfahrungen erworben worden sein.
Quelle: Bundesfinanzministerium, Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG; Informationsblatt zum Vorliegen begünstigter Leistungen nach § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG, 24. Oktober 2025, URL: Umsatzsteuerbefreiung für unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
Große Erleichterung gibt es damit auf den Seiten der Hochschulen und des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV), die auf die Notwendigkeit der Steuerbefreiung und der Präzisierung der Rechtsgrundlagen aufmerksam gemacht hatten, um Kursangebote weiterhin zu bezahlbaren Preisen anbieten zu können. Vorausgegangen war der ursprünglichen Fassung eine Anpassung des deutschen Steuerrechts an das EU-Recht, bei der nur unmittelbar berufsbezogene Angebote als Bildungsveranstaltungen als steuerbefreit ausgelegt werden konnten. Damit liefen viele Kursangebote von Volkhochschulen Gefahr, nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit zu werden.
Durch diese Konkretisierung profitieren nicht nur Volkshochschulen von einer Umsatzsteuerbefreiung, sondern auch weitere kommunale Bildungsanbieter und auch private Lehrkräfte, die unter den benannten Voraussetzungen steuerbefreit unterrichten können. Und nicht zuletzt die Lernenden, denen damit ein kostengünstigerer Zugang zu Bildungsangeboten ermöglicht wird, was wiederum gesamtgesellschaftlich positive Auswirkungen haben kann.